Landtagswahl in Bayern:"Es wird ein guter Abend"

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"Es wird ein guter Abend": SPD-Kandidat Christian Ude bei der Stimmabgabe in München-Schwabing. (Foto: REUTERS)

Bayern wählt einen neuen Landtag. Ministerpräsident Seehofer und sein Herausforderer Ude warfen ihre Stimmzettel gleich am Morgen in die Urnen. Während die CSU von der absoluten Mehrheit träumt, hofft der SPD-Kandidat noch auf eine Überraschung. Die Wahlbeteiligung ist besser als vor fünf Jahren - das liegt vor allem an den zahlreichen Briefwählern, die ihre Stimme schon abgegeben haben.

Von Beate Wild, Martin Moser, Anna Fischhaber und Oliver Das Gupta

Horst Seehofer und Christian Ude sind recht früh dran: Der CSU-Ministerpräsident und sein sozialdemokratischer Herausforderer haben gleich am Morgen ihre Stimmen zur Landtagswahl abgegeben. Seehofer wählte in Ingolstadt, Ude in München - und sie sind in guter Gesellschaft.

In den Wahllokalen der größeren bayerischen Städte war der Zulauf bis zum Nachmittag zwar ebenso niedrig wie bei der Landtagswahl vor fünf Jahren oder lag sogar noch darunter. Weil aber deutlich mehr Wähler ihre Kreuze schon vorab per Briefwahl gemacht hatten, sei insgesamt ein etwas besseres Ergebnis als vor fünf Jahren zu erwarten, berichteten die Wahlämter.

"Wenn es so bleibt, wird die Wahlbeteiligung höher sein", sagt der Leiter des Augsburger Bürgeramtes, Klaus Sulzberger. In der Landeshauptstadt München hatten laut einer Stichprobe bis zum Nachmittag schon 55,1 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben - das sind 7,5 Prozentpunkte mehr als zur gleichen Zeit vor fünf Jahren und ist durch den Ansturm auf die Briefwahl zu erklären. In Nürnberg und Augsburg ist das Plus allerdings deutlich geringer. 2008 lag die Beteiligung bei der Bayern-Wahl am Ende bei 57,9 Prozent, dies war der zweitniedrigste Wert seit Gründung der Bundesrepublik.

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Ministerpräsident Horst Seehofer startet mit einem kleinen Spaziergang mit der Familie in den Wahlsonntag. Zusammen mit Ehefrau Karin und Tochter Susanne kommt er zu Fuß in das Wahllokal in seinem Heimatort Gerolfing. Der Landesvater, der auf eine absolute Mehrheit der Stimmen im Freistaat hofft, will sich volksnah geben - doch das Volk zeigt sich den Seehofers nicht.

Die meisten Gerolfinger sitzen um kurz vor neun Uhr beim Frühstück oder schlafen noch. Und so fällt der Seehofer-Tross mit den Sicherheitsleuten und Journalisten im Schlepptau doppelt auf. Der Ministerpräsident im schwarzen Mantel, seine Frau fröhlich lächelnd im grünen Blazer - im Feuerwehrhaus begrüßen die Seehofers alle Wahlhelfer per Handschlag. Man kennt sich in dem 4000-Einwohner-Ort. "Da, das bin ich", sagt Seehofer und kramt seinen Wahlschein aus der Tasche. Der Wahlhelfer blickt kurz auf und überreicht ihm dann die Wahlzettel.

Drei Wahlkabinen hat man im Gerolfinger Feuerwehrhaus vorbereitet. Seehofer und seine Frau verschwinden nach links und rechts. Tochter Susanne muss ein Weilchen warten, denn die mittlere Kabine ist noch besetzt. Nach drei Minuten brummt Seehofer hinter seiner Kabine: "So." Man hört, wie er die Wahlzettel zusammenfaltet. "Ich bin aber noch nicht so weit", sagt seine Frau. Seehofer aber wartet nicht. Er geht zu den Urnen und posiert etwas genervt für die Fotografen. "Man kann jetzt nur gelassen abwarten", sagt er. "Wir haben alles getan, was möglich war." Und damit verschwindet die Familie Seehofer wieder in den Straßen von Gerolfing.

Auch in Lenggries, im südlichen Oberbayern, Deutschlands flächengrößter Gemeinde geht es eher ruhig los: Der Stimmbezirk 7 hat sein Wahllokal im Gebäude der Gästeinformation und des Heimatmuseums. Die Fassade zieren Blut- und Boden-Malereien aus der Nazi-Zeit, neben Bauern und Rindviehern ist auch ein Wehrmachtssoldat zu sehen.

Im Wahlraum: Es ist eine bunte Mischung an Einheimischen: Eine Mutter erscheint mit ihrem kleinen Kind, ein älteres Paar kommt Janker und Dirndl. Es ist kurz nach elf Uhr, die Wahlhelfer sind zufrieden: "145 sind schon da gewesen", sagt ein jüngerer Mann. Das sei nicht schlecht, schließlich hätten 388 Bürger schon per Brief gewählt, 741 könnten noch kommen. Auch schon morgens um acht seien die ersten angestanden, brummt ein älterer Wahlhelfer: "Die haben das Wählen gleich mit dem Kirchgang verbunden."

Auch Seehofers Herausforderer Christian Ude von der SPD kommt zu Fuß in sein Wahllokal in Schwabing. Vom Kaiserplatz, wo er wohnt, bis zur Schule am Elisabethmarkt, wo er seine Stimme abgeben muss, sind es nur etwa zehn Minuten. Es ist kurz nach elf Uhr, als er zusammen mit seiner ganzen Familie - inklusive der Enkel seiner Frau Edith - eintrifft.

SPD-Spitzenkandidat trifft grüne Spitzenkandidat: Christian Ude und Margarete Bause begrüßen sich vor dem Wahllokal in Schwabing. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

"Die zwei letzten Nächte sind fast gänzlich ausgefallen und heute Morgen hat mich mein Kater trotzdem früh geweckt, der nimmt keine Rücksicht auf Wahlkampf", sagt er und lacht. Doch die anstrengende Endphase, bei der er noch bis Samstagnachmittag in der Fußgängerzone um jede Stimme kämpfte, habe sich durchaus gelohnt. "Gestern beim Verteilen der Rosen war das Stimmungsbild grandios", sagt Ude optimistisch.

"Es wird ein guter Abend, da die Erwartungshaltung so heruntergedrückt ist, dass es nur Überraschungen geben kann." Er sei davon überzeugt, dass die rote Säule bei der Bekanntgabe der Ergebnisse weiter in die Höhe steige, als alle Vorhersagen prophezeit hätten. Besonders gespannt sei er auf das Ergebnis aus München, auch wenn er wisse, dass die Entscheidung aus dem restlichen Bayern komme.

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Das Geheimnis des Schnauzers, warum er als Koch nicht geeignet ist - und mit wem er schon als Kind gerne kuschelte: Über Christian Ude, mehr als 20 Jahre Oberbürgermeister in München, gibt es noch einiges zu erfahren.

Und während Ude noch vor dem Wahllokal steht und plaudert, kommt Margarete Bause von den Grünen. Sie wohnt wie Ude in Schwabing und gibt ihre Stimme ebenfalls in der Schule am Elisabethmarkt ab. Als sich die beiden erblicken, gibt es ein großes Hallo - und sofort die Frage der Journalisten, ob man etwa schon für eine Koalition übe. Beide lachen. "Ich bin guter Dinge, dass wir gut zusammenpassen", sagt Bause und verschwindet, gefolgt von einem Pulk Fotografen, im Wahllokal.

Ude macht sich nach dem Urnengang auf ins Seehaus, um dort mit seiner Familie zu essen. "Das Wählen kurz vor dem Mittagessen hat sich schon bei den OB-Wahlen bewährt", orakelt er. Und dann sagt er einen Satz, den jeder Sportfreund sofort unterschreiben würde: "Ich bin nicht der Favorit, aber von jedem Fußballspiel weiß man, dass nicht immer der Favorit gewinnen muss."

Die CSU unter Ministerpräsident Horst Seehofer träumt nach dem historischen Absturz bei der Wahl 2008 von einer Rückeroberung der absoluten Mehrheit. Das von SPD-Herausforderer Christian Ude angestrebte Dreierbündnis mit Grünen und Freien Wählern lag in jüngsten Umfragen merklich hinter den Christsozialen zurück. Die FDP, die seit 2008 mit der CSU regiert, muss den Umfragen zufolge um den Wiedereinzug in den Landtag bangen.

Und was sagen die Wähler? An den Regierungswechsel glaubt am Simon-Knoll-Platz im Stimmkreis München-Bogenhausen kaum einer mehr. "Wir sind in Bayern, soll das ein Witz sein?", fragt eine junge Frau. "Es geht nur noch darum, die absolute Mehrheit der CSU zu verhindern", sagt ihr Begleiter. Weniger Einigkeit herrscht über das Wahlsystem, über das hier heftig diskutiert wird. Was ist noch einmal der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme? Wieso stehen auf der Liste so viele Kandidaten? Und was bedeuten eigentlich die Volksentscheide?

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Fünf Stimmzettel in weiß, blau und gelb bekommt jeder Wähler ausgeteilt, manche so groß, dass man sie kaum auf dem Tisch in der Wahlkabine entfalten kann. Neun Kreuze kann jeder Wähler machen - je zwei bei Bezirks- und Landtagswahl und fünf bei den Volksentscheiden. Zu kompliziert für viele. "Die Verfassungsänderungen wurden im Vorfeld sehr schlecht erklärt", sagt eine ältere Frau. Sie hat dagegen votiert. Und der Regierungswechsel? "Die CSU wird bald allein regieren - man kann das einfach nicht verhindern", sagt sie. Ihr Mann nickt.

Im Stimmkreis Bogenhausen, zu dem auch Au-Haidhausen und Berg am Laim zählen, tritt erstmals CSU-Stadtrat Robert Brannekämper gegen einen Mann an, der dort seit vielen Jahren vergeblich um ein Direktmandat kämpft: der Münchner SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann. Interessant dürfte hier auch werden, ob es der langjährigen Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl gelingt, ihre persönliche Bekanntheit in Stimmen für die schwächelnde FDP umzuwandeln.

Die Bayern-Wahl gilt auch als wichtiger Stimmungstest für die Bundestagswahl eine Woche später. Wahlberechtigt sind etwa 9,5 Millionen Menschen.

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