Landtagswahl Bayern 2013:Die ganz große Koalition

Söder und Haderthauer kennt jeder. Es gibt jedoch Politiker, die sich durch ihre Arbeit für höhere Aufgaben empfohlen haben. Die SZ hat für Bayern eine Regierung aus Fachleuten zusammengestellt - strikt ohne Quote oder Proporz. Was halten Sie von unserer Auswahl? Stimmen Sie ab.

Von SZ-Autoren

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(Foto: SZ-Grafik)

Söder und Haderthauer kennt jeder. Doch die aktuelle Amtszeit der bayerischen Minister steht kurz vor dem Ende, an diesem Dienstag trifft sich das Kabinett zu einer seiner letzten Sitzungen. Noch weiß niemand, wer als Regierungschef mit welcher Mehrheit den nächsten bayerischen Ministerrat zusammenstellen wird. Sicher aber ist: Es gibt Politiker, die sich durch ihre Arbeit in den vergangenen Jahren für höhere Aufgaben empfohlen haben. Der SZ sind einige aufgefallen. Hier sind elf Vorschläge - übrigens strikt ohne Quote oder sonstigen Proporz ausgewählt.

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(Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Innen: Franz Schindler Dem SPD-Abgeordneten Franz Schindler, 57, fiel in dieser Legislaturperiode eine der schwierigsten Aufgaben zu: Er leitete den Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufklärung der NSU-Mordserie in Bayern. Fünfmal hatten die Rechtsterroristen im Freistaat getötet. Der viel gelobte bayerische Sicherheitsapparat hatte versagt. Schindler führte unaufgeregt durch die oft zähen und langen Sitzungen des Ausschusses und arbeitete mit dem nötigen Fingerspitzengefühl die Pannenserie auf. Bis auf kurze Raucherpausen gönnte er sich und dem Ausschuss wenig Auszeit. Akribisch arbeitet sich Schindler in komplexe Sachverhalte ein. Als Jurist und langjähriger Kommunalpolitiker würde er auch die nötige Ausbildung und Erfahrung mitbringen, um ein so umfangreiches Ressort wie das Innenministerium zu leiten. MSZ

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(Foto: N/A)

Schule: Oliver Jörg Der 41 Jahre alte Würzburger steht für einen ganzen Kreis von Nachwuchs-CSU-Politikern auf dem Sprung nach oben. In der Landtagsfraktion sind sie als "Junge Gruppe" vernetzt. Jörg pflegt dabei besonders auffällig den kooperativen Stil. In dem von ihm geleiteten Hochschulausschuss schafften es alle Fraktionen gemeinsam, die Hochschule für Politik umzubauen. Er gehört auch in der Partei zu jenen, die eigene Wege gehen. In der Flüchtlingspolitik empfahl er schon "den Blick über den bayerischen Tellerrand", als Ministerpräsident Horst Seehofer noch "bis zur letzten Patrone" gegen Zuwanderung in die Sozialsysteme kämpfen wollte. Dürfte er selbst ein Amt wählen, sähe er sich wohl eher in der Uni- als in der Schulpolitik. Aber so geht es dem jetzigen Schulminister Ludwig Spaenle auch. FMUE

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(Foto: Robert Haas)

Staatskanzlei: Michael Piazolo Der Leiter der Staatskanzlei muss vor allem Managerqualitäten mitbringen, ein politischer Lautsprecher hat hier wenig verloren. Es geht darum, das Zusammenleben in einer Regierungskoalition zu organisieren. Das heißt: abstimmen, abstimmen, abstimmen und die eigenen Interessen hintanstellen. Man bleibt immer zweiter Mann, zweite Frau hinter dem Regierungschef. Der Freie-Wähler-Politiker Michael Piazolo, 53, bringt diese Fähigkeiten mit. Geräuschlos, aber effektiv hat er das letztlich erfolgreiche Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren durchgezogen. Mit starken Vorgesetzten kann er auch leben. Als Generalsekretär der Freien Wähler arbeitet er dem schier übermächtigen Hubert Aiwanger zu, ohne dass es bisher zu größeren Streitereien gekommen wäre. Das ist eine Qualifikation an sich. MSZ

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(Foto: N/A)

Kunst: Julia Lehner Eine Politikerin härtet es wohl ab, schon mal einen öffentlichen Empörungssturm überstanden zu haben. Julia Lehner hat den längst hinter sich - und ist immer noch Nürnberger Kulturreferentin. Als sie 2006 zur Fußball-Weltmeisterschaft ein umstrittenes Kunstwerk aus ausrangierten Stadionsitzen am Hauptmarkt installieren ließ, regten sich die Leute furchtbar auf. Nürnberg hat es nicht geschadet, kulturell tut sich einiges in der Stadt. Das Dürer-Jubiläumsjahr etwa war ein großer Erfolg. Lehner ist Honorarprofessorin der Akademie der Bildenden Künste, und einen Doktortitel hat sie auch. Außerdem kann die 59-Jährige reden und ist kompromissfähig. Muss sie auch, als CSU-Stadträtin unter einem SPD-Oberbürgermeister und mit Markus Söder als Kreisvorsitzendem. Das stählt. kaa

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(Foto: Robert Haas)

Energie/Agrar: Ludwig Hartmann Was das Windmachen angeht, södert der grüne Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann schon ganz ordentlich. Der Landsberger gehört erst seit 2008 dem Landtag an, hat sich aber als Gegner der Olympia-Bewerbung weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus bekannt gemacht. Daneben besetzt er für die Grünen das so zentrale Thema der Energiepolitik - ein Vertrauensvorschuss. Hartmann schafft es, komplexe Sachverhalte auf leicht verdauliche politische Botschaften zu reduzieren. In Landsberg wäre er beinahe Oberbürgermeister geworden. Er gehört zu jenen Grünen, die aus ihren Ambitionen kein Geheimnis machen. Als Politiker will er unbedingt was werden. Ein neues Ressort wie Landwirtschaft und Energie, das den Atomausstieg bewältigen müsste, wäre ein guter Stresstest für ihn. MSZ

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(Foto: Marco Einfeldt)

Europa/Bund: Isabell Zacharias Im Landtag ist die SPD-Abgeordnete eine der Scharfzüngigeren. Eine, die unerschrocken kämpfen kann und dabei nicht verbissen wirkt, sondern ihren Witz behält. Deswegen hören der 48 Jahre alten Nordfriesin auch Politiker aus anderen Parteien zu, das qualifiziert sie für einen Posten, in dem Kommunikation und Absprache viel bedeutet. Das in der Staatskanzlei angesiedelte Ministeramt für Europa- und Bundesratsangelegenheiten steht selten im öffentlichen Fokus. Doch es kann jemanden, der auch außerhalb Münchens charmant verhandeln kann, gut gebrauchen. Bisher fiel Zacharias vor allem als Hochschulpolitikerin auf. Sie war Vizechefin des Forschungsausschusses. Doch auf dem Gebiet dürfte sie nicht ganz nach oben kommen, dazu gibt es in der SPD zu viele ambitionierte Wissenschaftsexperten. fmue

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(Foto: dpa)

Wirtschaft: Werner Widuckel Erfahrung in der freien Wirtschaft hat Amtsinhaber Martin Zeil auch. Anders als dieser ist SPD-Mann Werner Widuckel dazu ein echter Schnellsprecher. Soweit bislang erkennbar war, hält die Gedankendichte bei Widuckel mit dem Sprechtempo Schritt. Der 54-jährige Sozialwissenschaftler aus Salzgitter ist der bei Weitem überzeugendste Griff, den SPD-Ministerpräsidentenkandidat Christian Ude in seinem Kompetenzteam machte. Widuckel überzeugte bislang durch klare Vorstellungen, wie er Arbeitnehmerrechte und wirtschaftlichen Erfolg vereint befördern will. Er ist zwar schon lange in der SPD und dennoch eine Art Quereinsteiger. Er machte Karriere im Konzernbetriebsrat von VW und zuletzt als Personalvorstand bei Audi, ein Job, der ihn 2005 nach Bayern brachte. Für den Landtag kandidiert er erstmals. fmue

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(Foto: picture alliance / dpa)

Finanzen: Karsten Klein Der Abgeordnete Karsten Klein ist so eine Art Mini-Rettungsschirm für die FDP. Die Partei kämpft bei der Landtagswahl um den Wiedereinzug ins Parlament und versucht gerade den Wählern klarzumachen, warum es sie noch braucht. Klein hat schon mal einen Beleg erbracht: Als Mitglied im Landesbank-Untersuchungsausschuss hat er dem Koalitionspartner CSU nicht durchgehen lassen, gänzlich unschuldig an dem Milliarden-Debakel bei der BayernLB zu sein. Seitdem wird er als Finanzpolitiker ernst genommen. Dass der Freistaat angefangen hat, Schulden zurückzuzahlen, geht auch maßgeblich auf seinen Einsatz zurück. Anders als die CSU, die gleich mal versprochen hat, bis 2030 alle Schulden zu begleichen, konzentriert er sich aber auf das Machbare. MSZ

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Soziales: Theresa Schopper In der Gesundheitspolitik ist die Grünen-Politikerin Theresa Schopper ohnehin Sprecherin ihrer Fraktion. Eine Ausweitung auf die gesamte Sozialpolitik würde gut zu der 52 Jahre alten Landeschefin der Grünen passen. Sie sitzt mit einer Unterbrechung bereits seit 1994 im Landtag. In der Politik pflegt sie einen ausgleichenden, aber zupackenden Stil und ist darüber hinaus weitgehend ideologiefrei, was auch die Partei schon spürte. Anders als der große Rest der Grünen machte sich die sportbegeisterte Schopper für Olympische Spiele im Freistaat stark. Mit dieser offenen Haltung könnte Schopper manche festgefahrene Debatte entkrampfen. Nach vielen Jahren in München kehrte sie jetzt ins Allgäu zurück. Dort kandidiert sie nun für die schwäbischen Grünen. fmue

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(Foto: Marco Einfeldt)

Justiz: Florian Herrmann Mit seinem Auftrag hätte man sich in den vergangenen Monaten gleich dutzendfach in die Nesseln setzen können. Doch der Freisinger CSU-Abgeordnete Florian Herrmann sorgte als Vorsitzender des Turbo-Untersuchungsausschusses im Fall Mollath dafür, dass das Gremium auch in Wahlkampfzeiten sein schwieriges Thema ohne Eklat absolvierte - abgesehen von Scharmützeln beim Abschlussbericht. Politisch ist der 41-Jährige bislang weniger als Visionär aufgefallen, dafür aber als umsichtiger Sachpolitiker, der seine Worte zu wägen weiß. Dass er dabei auch am eigenen Standpunkt festhält, hat die CSU schon erfahren. Als Freisinger lehnt Herrmann die dritte Startbahn am Münchner Flughafen klar ab - gegen die Linie der Partei. fmue

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(Foto: Marco Einfeldt)

Umwelt: Christian Magerl Mit Florian Herrmann eint den Freisinger Christian Magerl der Kampf gegen die Startbahn. Doch gegen die würde sich der 57-jährige Grüne wohl in jedem Landesteil wehren. Magerl ist fraglos einer der profiliertesten Umweltpolitiker im Freistaat und zählt zugleich zum Gründungsteam der Bayern-Grünen. Er kann aus dem Effeff Inhalte von Verordnungen herunterbeten und kennt sich im Gewässer-, Lärm- und Klimaschutz ebenso aus wie beim Großthema Atomkraft. Dazu verkörpert er Leutseligkeit und Bodenhaftung, was ihm viel Respekt verschafft. Seiner Ministerkarriere könnte höchstens eins im Weg stehen: Er hat kein Handy. Es könnte also sein, dass er im entscheidenden Moment der Berufung nicht erreichbar ist. fmue

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