Landtagskandidaten im Stimmkreis München-Land Nord:Krawatte - nein, danke!

Grünen-Bewerber Markus Büchler aus Oberschleißheim hält nichts von Äußerlichkeiten.

Alexandra Vettori

Wie einer, der unbedingt auf der Karriereleiter nach oben möchte, wirkt Markus Büchler nicht gerade. An diesem Nachmittag in der Ismaninger Seidlmühle, einem der ersten Wahlkampftermine der Grünen im Landkreis München, steht der Landtagskandidat für den Stimmkreis Nord da, in ein schlabbriges Polohemd und eine leichte Hose gekleidet, Rucksack auf dem Rücken.

Markus B?, Bumgart

Der 35-jährige Markus Büchler aus Oberschleißheim will für die Grünen in den Landtag.

(Foto: Foto: Ulla Baumgart)

Dabei ist heute der Grünen-Spitzenkandidat Sepp Daxenberger in Ismaning zu Gast. Einen Anzug oder Krawatte aber, so hatte Büchler kurz davor im Interview im Brustton der Überzeugung erklärt, "werde ich nicht tragen." Beim Thema Äußerlichkeiten kennt er kein Pardon: "Das ist mir wurscht, mir kommt es darauf an, was ein Mensch sagt, nicht was er anzieht. Es hat sich auch noch nie jemand beschwert. So müssen die Leute mich schon nehmen."

Dabei ist es dem 35-jährigen Oberschleißheimer durchaus ernst mit seiner Kandidatur, es ist schon das zweite Mal, dass er es versucht. Denn Markus Büchler, wenn der Ausdruck bei einem erklärtermaßen unmilitanten Menschen erlaubt ist, ist ein Überzeugungstäter.

Politik bedeutet für ihn "etwas bewegen, mitgestalten" und sei es in kleinen Schritten. Bildung, Soziales, "das sind die Themen, die mich persönlich ansprechen, die Frage nach sozialer Gerechtigkeit hat mich in die Politik gebracht, da habe ich meine politischen Wurzeln", sagt er von sich selbst.

Praktikum bei Daxenberger

Das war 1990. Als 18-Jähriger hat er damals gegen den Irak-Krieg protestiert, "in der Zeit habe ich zum ersten Mal eine Demo angemeldet", erzählt Büchler. Zwei Jahre später ist er zu den Grünen gekommen. Damals nahm Büchler an einem Biohof-Wochenende auf Sepp Daxenbergers Hof in Waging teil. "Da habe ich ihn angehauen um ein Praktikum", erinnert sich Büchler.

Eigentlich habe er an ein Praktikum auf dem Bauernhof gedacht, doch Daxenberger holte den jungen Mann in sein Landtagsbüro. Büchler machte sich dort nützlich, "und so bin ich in die Partei reingewachsen".

Die nächsten Stationen waren Ortsverband Schleißheim und Kreisverband. Einige Jahre besetzte Büchler die Jugendkontaktstelle für Oberbayern, er organisierte Jugendfahrten und politische Exkursionen nach Osteuropa und arbeitete von 1998 an im Landtagsbüro von Susanna Tausendfreund. "Das war ein idealer Teilzeitjob in der Anlaufphase meiner Firma."

Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte und der Landschaftsarchitektur in Weihenstephan machte sich Büchler selbständig, nicht als Landschaftsarchitekt, sondern als Webdesigner. Er eröffnete in Oberschleißheim die "Slius GmbH Werkstatt für Webdesign & Grafik". Das Geschäft hat er noch immer, inzwischen sorgen vier Mitarbeiter dafür, dass der Laden läuft, wenn der Chef mal wieder in Sachen Politik unterwegs ist.

"Ich habe natürlich schon immer wieder überlegt, ob ich mich nicht auf ein Thema konzentrieren sollte", sinniert Büchler. "Aber irgendwie würde mir was fehlen, wenn ich nur noch die Programmierarbeit hätte. Dann wäre ja nur die Freizeit da für die Politik, und Freizeit, das ist für mich die Familie." Zwei Kinder haben Markus Büchler und seine Frau, eine achtjährige Tochter und einen dreijährigen Sohn.

Als Familienvater hat ihn auch sein ursprüngliches Thema soziale Gerechtigkeit wieder eingeholt, und zwar bei der Chancengleichheit im Bildungssektor. "Es ist eine Schande, dass man an der Herkunft der Kinder ablesen kann, welchen Schulabschluss sie mal erreichen werden", sagt der zweifache Vater.

Es sei nicht nur eine "Sauerei", dass Akademiker-Kinder so viel bessere Chancen hätten, "es ist noch nicht mal sinnvoll für die Gesellschaft, wenn man sieht, wie der Trend zu qualifizierten Arbeitsplätzen geht". So hat sich Bildungspolitik zu Büchlers drittem Schwerpunkt entwickelt, neben Umwelt und Energie.

Immer ohne Auto unterwegs

Diese Themen hat er schon während seines Studiums bearbeitet, ebenso wie Verkehrspolitik. Das Thema Verkehr sei gerade im Münchner Norden maßgeblich. Dass Büchler selbst kein Auto hat, sondern auch zu entferntesten Terminen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit, über die er kaum Worte verliert.

Der Kandidat kann nicht leugnen, dass seine Chancen, auf Listenplatz 28 für die Grünen ins Maximilianeum einzuziehen, nicht gerade überwältigend sind: "Mir geht es darum, möglichst viele Stimmen für die Grünen insgesamt und auch möglichst viele Zweitstimmen für Susanna Tausendfreund zu sammeln. Außerdem - ausgeschlossen ist es nicht, dass ich reinkomme."

Den Wahlkampf an sich empfindet der 35-Jährige nicht als Belastung. "Der Großteil der Arbeit besteht ja nicht darin, von morgens bis abends an Infoständen zu diskutieren. Vielmehr ist meine Hauptarbeit, Faltblätter, Plakate und Internet-Auftritte zu entwickeln. 26 Grünen-Ortsverbände in 29 Orten im Landkreis wollen mit Wahlkampfmaterial versorgt werden. Dazu schreibe ich Texte oder beantworte Bürger-Mails. Aber da muss man ja keine Überzeugungsarbeit leisten, denn die haben meistens ein konkretes Anliegen."

Auch bei Wahlkampfveranstaltungen sei es nicht so, "dass man da unbedingt immer auf Massen einreden muss", sagt Büchler. Auf die Frage, ob er dazu bereit wäre, in Bierzelten große Reden zu schwingen, antwortet er mit breitem Lächeln: "Als Bayer könnte ich mir das sicher antrainieren." Und dafür würde Markus Büchler vielleicht sogar einen lässigen Trachtenjanker aus dem Schrank holen, denn dazu trägt man ja bekanntlich keine Krawatte.

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