Landshut:Mit Sticheleien in die Stichwahl

Landshut: "Landshut kann es besser": FDP-Mann Putz (rechts) tritt in der Stichwahl gegen den CSU-Kandidaten Radlmeier (links) an.

"Landshut kann es besser": FDP-Mann Putz (rechts) tritt in der Stichwahl gegen den CSU-Kandidaten Radlmeier (links) an.

(Foto: Robert Haas)
  • Bei der Oberbürgermeister-Wahl in Landshut kommt es zu einer Stichwahl zwischen CSU-Mann Helmut Radlmeier und Alexander Putz von der FDP.
  • Dem Liberalen gelang im ersten Wahlgang ein Überraschungserfolg.
  • Beobachter sagen: Manche dürften ihn nicht wegen seiner politischen Ideen gewählt haben.

Von Andreas Glas, Landshut

Es ist später Sonntagabend, es ist FDP-Wahlparty in der "Weinbar Paolo". Alexander Putz sitzt am Tresen, in der einen Hand hält er ein Stück Weißbrot, belegt mit Käse und Salami, mit der anderen Hand greift er nach der Schulter eines Mittfünfzigers, der ihm euphorisch gratuliert. Dann tut Alexander Putz, 52, was er im Wahlkampf oft getan hat, und erklärt dem Mann, "was mir an der Politik nicht gefällt". Man muss wissen: Wenn FDP-Mann Putz über "die Politik" spricht, meint er nicht sich selbst. Er meint die sogenannten etablierten Politiker, die schon jahrelang dabei sind, die "nur schwarz-weiß denken", wie Putz dem Mittfünfziger erklärt. Dann sagt Putz: "Das haut hin."

Er meint die Stichwahl am 23. Oktober. Er ist sich sicher, dass es hinhaut. Dass er gewählt wird, zum ersten Landshuter Oberbürgermeister ohne CSU-Parteibuch seit 46 Jahren. Am Sonntag holte er fast 28 Prozent der Stimmen, nicht viel weniger als CSU-Mann Helmut Radlmeier (32,7 Prozent). Dabei hatte sich Radlmeier, 50, Hoffnungen gemacht, im ersten Wahlgang direkt gewählt zu werden. Dass ausgerechnet er, der Anti-Politiker, einen CSU-Politprofi in Bedrängnis bringt, "das bereitet mir eine kindische Freude", sagt Putz.

Wie konnte es passieren, dass ein politischer Quereinsteiger, noch dazu FDP-Mitglied, drauf und dran ist, einem langjährigen CSU-Stadtrat und Landtagsabgeordneten den Schneid abzukaufen? Und: Wer ist dieser Alexander Putz überhaupt?

Der gebürtige Österreicher und Bauingenieur inszeniert sich als bürgerlicher Rebell, als Verbündeter des Volkes. Zur OB-Wahl ist er als Gegenentwurf angetreten, der es anders machen will und besser, das ist auch sein Wahlslogan: "Landshut kann es besser" steht auf den pinken Aufklebern, die sich seine Anhänger auf der Wahlparty an ihre Sakkos und Blazer gepappt haben. Alexander Putz ist wohl das, was man einen Populisten nennt, aber er ist kein Vereinfacher. Keiner, dem es nur darum geht, zu polarisieren. Über das Thema Flüchtlinge sagt er: "Man darf den Menschen nicht nur die Wahl geben, dass sie entweder Willkommens-Claqueure sind oder Flüchtlingshasser. 99 Prozent der Menschen finden sich dazwischen wieder." Statt zu vereinfachen, sagt Putz, habe er den Leuten im Wahlkampf erklärt, "dass politische Lösungsansätze immer auch kompliziert sind". Im Gegensatz zu den etablierten Politikern, "die Sachentscheidungen sehr oft aus Prinzip treffen und uns immer vorgaukeln, dass es nur Hundertprozent- oder Nullprozent-Lösungen gibt".

Alexander Putz gibt den Abwäger statt den Überzeugungstäter. Und trotzdem: Manche Landshuter dürften Putz nicht wegen seiner politischen Ideen gewählt haben, sondern wegen der unterschwelligen Verachtung, die er gegenüber der politischen Klasse schürt - eine zurzeit ja recht beliebte Strategie, um sich in der Politik zu profilieren. Dass Kalkül hinter dieser Attitüde steckt, davon will Putz natürlich nichts wissen: "Kann schon sein, dass ich ein Kontrastprogramm gefahren bin. Aber es war nicht die Strategie."

Ob Strategie oder nicht, es könnte noch eine andere Erklärung geben für Putz' Erfolg: das Naturell des Landshuter Wählers. Es stimmt zwar, dass die Landshuter in 46 Jahren nur Kandidaten mit CSU-Parteibuch gewählt haben. Doch beide Oberbürgermeister, die in dieser Zeit regiert haben, waren auf ihre Art ebenfalls Anti-Politiker. Zum Beispiel Josef Deimer, der 35 Jahre lang OB war, sich aber gegen seine eigene Partei profiliert hat. Er kämpfte gegen die Atomkraft, als es die Grünen noch gar nicht gab. Er setzte sich früh für Ganztagsschulen, Kinderbetreuung und das Kommunalwahlrecht für EU-Bürger ein - alles Fremdwörter für das damalige CSU-Establishment. Auch Noch-OB Hans Rampf gilt als Querkopf innerhalb der CSU. Als ihn seine Partei 2004 nicht für die OB-Wahl nominierte, trat er einfach gegen den CSU-Kandidaten an. Er gewann und kehrte erst als Oberbürgermeister zurück in die CSU.

"Der Landshuter Wähler ist ein ganz eigenes Klientel", sagt Hans Rampf. Außerdem sei die Stadt in den vergangenen acht Jahren um 10 000 Zugezogene gewachsen, "die vielleicht nicht so affin sind für die sogenannte CSU-Politik". Passt der Anti-Politiker Putz also besser zu Landshut als der parteilinientreue CSU-Kandidat Radlmeier? "Er hat sich gut verkauft und hat Emotionen bei den Leuten geweckt", sagt Rampf. Dass Alexander Putz aber ohne kommunalpolitische Erfahrung das Zeug hat, eine 70 000-Einwohner-Stadt zu regieren und zu verwalten, daran will der Noch-OB nicht so recht glauben. "Ob er hält, was er verspricht?", sagt Rampf und zieht die Augenbrauen hoch. Man wird es erst erfahren, wenn der Anti-Politiker Putz selbst zur politischen Klasse gehört.

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