Landkreis Dingolfing-Landau:Der ewige Champion

Heinrich Trapp scheint politisch unschlagbar zu sein. Seit 1991 lenkt der SPD-Mann die politischen Geschäfte im Landkreis Dingolfing-Landau. Die CSU traute sich nicht einmal, einen Gegenkandidaten aufzustellen. Und das mitten in Niederbayern.

Von Wolfgang Wittl

Es ist keine Wahlversammlung, bei der sich viel gewinnen ließe. 30 Leute sind ins Dorfwirtshaus von Mengkofen gekommen, vor allem solche, die ihn ohnehin wählen werden. Heinrich Trapp schiebt sich schnell ein Hustenbonbon in den Mund, der Kamillentee dampft bereits auf dem Tisch. Trapp ist erkältet, seine Stimme brüchig, eigentlich gehört er ins Bett. Der Vorteil sei, krächzt er seinen Zuhörern zu, dass er jetzt halt nicht länger als eine halbe Stunde reden könne.

Am Ende werden es 70 Minuten geworden sein. Wieder mal. Warum? "Ich kann ja nicht sagen, dass ich nicht kann."

Seit 1991 lenkt Heinrich Trapp, 62, die politischen Geschäfte im Landkreis Dingolfing-Landau, und irgendwie kann er immer. Dass er künftig Bayerns dienstältester Landrat sein wird, stand bereits vor dem Wahlsonntag fest. Trapp war der einzige Kandidat im Kreis, nicht einmal die CSU wagte es, ihm einen Herausforderer entgegenzusetzen. Ihm, einem SPD-Mann. Und das mitten in Niederbayern, in der Heimat des früheren CSU-Chefs Erwin Huber. Wenn man so will, hat die CSU vor Heinrich Trapp inzwischen kapituliert.

Wer Trapps Erfolg verstehen will, muss ihn nur auf der Straße sehen. Kaum jemand, den er nicht kennt, mit den meisten ist er per Du. Trapp sei populär bis zum Populismus, sagt Sepp Steinberger, der Bürgermeister von Trapps Heimatgemeinde Reisbach. Steinberger, 70, ist ein CSU-Mann alter Schule und keiner, dem leichtfertig ein Lob rausrutscht.

Im Mai wird er nach 40 Jahren als Bayerns dienstältester hauptamtlicher Bürgermeister abtreten. Trapp wird bleiben. Der Landrat könne unglaublich auf die Leute zugehen, sagt Steinberger, er sei einfach nicht abzuwählen. Und doch wundert sich der CSU-Haudegen, dass nicht mal einer der Jüngeren gewillt gewesen sei, sich im "Opfergang verheizen" zu lassen. Aber wer will das schon?

Weit mehr als 20 Millionen Zuschauer sahen zu

Trapps Popularität begann, als er noch gar kein Politiker war. 1977, mit Mitte zwanzig, avancierte er zum ewigen Champion in der Spielshow "Der große Preis". Die Sendung hatte eine Bedeutung wie heute alle Castingshows zusammen, weit mehr als 20 Millionen Zuschauer sahen zu. Schon damals weigerte sich Trapp hartnäckig, von der Bildfläche zu verschwinden. Sechsmal schaffte er es in das Wissensquiz - öfter als jeder vor und nach ihm. Von da an habe er nie mehr beweisen müssen, dass er etwas im Kopf habe. Und seine Sozialkompetenz war in jedem Wohnzimmer zu sehen.

Showmaster Wim Thoelke schwärmte noch Jahre später, wie Trapp das Preisgeld einer Sendung spendete als Dank für die Geburt einer gesunden Tochter. Gut zehntausend Mark waren das, der Wert eines gehobenen Mittelklassewagens. Eine vermögende Witwe aus Bremen war von dem jungen Niederbayern so angetan, dass sie ihn adoptieren und zum Chef ihrer Stahlfirma machen wollte.

Zwei Jahre hatte Trapp Zeit zum Überlegen, es ging um fast 20 Millionen Mark. "Bua, des is so viel Geld: Nimm's", habe der Vater ihm geraten. Die Mutter dagegen sorgte sich, ob der Heini dann noch ihr Junge sei. Trapp entschied sich für das Herz, er sagt: "Ich hatte das Gefühl, ich müsste mich verkaufen." Heute weiß er, dass er "alles richtig gemacht" hat.

Freie Wähler, CSU, SPD - alle buhlten fortan um den Vorsitzenden des Kreisjugendrings. Nach einem kurzen Abstecher zu den Freien Wählern entschied Trapp sich für die SPD, weil die sozialer sei. 1986 wurde aus dem Lehrer ein Landtagsabgeordneter, fünf Jahre später ein Landrat. Als der Amtsinhaber überraschend starb, war die CSU nicht darauf vorbereitet.

Erwin Huber setzte als Generalsekretär gerade zum großen Karrieresprung an, und niemand sonst vermochte Trapp das Wasser zu reichen. Im Grunde ist das bis heute so. Zweimal stellte die CSU einen Gegenkandidaten auf, mit achtbarem Ergebnis, wie Huber findet. In Prozentpunkten hieß das: 75,6 und 70,3 für Trapp. Einmal kam er gar auf 95,1 Prozent.

Die CSU-Oppositionsarbeit im Kreistag läuft weitgehend bei Huber und dem Bundestagsabgeordneten Max Straubinger zusammen, denn die Bürgermeister haben sich mit Trapp längst arrangiert. Es sei doch toll, wenn man die Bürgermeister unterstützen könne, sagt der Landrat. Und dass er die CSU gerne lobe, wenn sie etwas gut mache. Seiner SPD empfiehlt er, nicht nur Randthemen zu besetzen, sondern auch etwas gestalten zu wollen.

Für die CSU ist es zum Verzweifeln

Manchmal besucht Trapp, der Omnipräsente, auch Veranstaltungen, in denen Bürger gegen Projekte von ihm Stellung beziehen. Um Stimmungen aufzunehmen, wie er sagt. Huber macht sich dann schon mal über den Landrat und dessen spezielle Form der Bürgernähe lustig.

Bisweilen fotografiert Trapp auf Terminen sogar die Menschen und schickt ihnen die Bilder zu. In Wahrheit ist es für die CSU zum Verzweifeln: Selbst der Huber Erwin, wie Trapp ihn nennt, bescheinigt ihm "eine beachtliche politische Leistung, im schwarzen Niederbayern gewählt zu werden".

Allein mit Freundlichkeit habe der Erfolg nichts zu tun, sagt Trapp. Sämtliche Wahlversprechen habe er erfüllt, in bundesweiten Rankings für Wohnqualität und Jugendarbeit liege der Landkreis an der Spitze. Kunststück, kontert Huber: Mit dem weltweit größten BMW-Werk als Steuerzahler lasse sich leicht Politik machen.

Trapp kann da nur grinsen, er weiß um seinen Stellenwert. "Wir freuen uns, dass du der einzige Landratskandidat bist", begrüßt ihn etwa der Kreisobmann des Bauernverbandes - übrigens zugleich ein CSU-Bewerber für den Kreistag. Dabei hatte Trapp bereits ans Aufhören gedacht. Doch seit einem Streit über die Schließung der Geburtenstation in Landau will er es allen noch mal zeigen. Eine Fachoberschule möchte er etablieren, den Kreis schuldenfrei machen, den Jugendschutz stärken.

Ein wichtiger Ansprechpartner könnte sein Nachfolger als Chef des Kreisjugendrings sein: Sohn Michael, Lehrer und Kreistagskandidat. Tochter Christine sitzt bereits im Kreistag. In der CSU geht man fest davon aus, dass eines von Trapps Kindern 2020 als Landrat kandidiert. Der CSU-Albtraum in Dingolfing, er könnte noch eine Weile andauern.

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