Landeszentrale für politische Bildungsarbeit:Schwarze Kasse und Selbstbedienung

Eine geförderte Israel-Reise oder eine gesponserte Stadionbesichtigung in der Allianz-Arena: Die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit hat lange Steuergeld verschlampt. Die SPD fordert nun den Rücktritt des Chefs.

Jasmin Off und Mike Szymanski

Die Affäre um Unregelmäßigkeiten bei der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ) bringt nun auch Kultusminister Ludwig Spaenle in Bedrängnis. Das Ministerium als zuständige Aufsichtsbehörde hat ein Disziplinarverfahren gegen den Direktor der Landeszentrale, Peter März, eingeleitet - auf dessen eigenen Wunsch hin. Wie ein Ministeriumssprecher mitteilte, gehe es darum zu überprüfen, ob und inwieweit März für Misswirtschaft in der Landeszentrale verantwortlich sei. Spaenle selbst ist derzeit im Urlaub. SPD und Grüne werfen ihm vor, viel zu spät reagiert zu haben.

Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Mehrere Jahre lang bot die Landeszentrale, die auf der Praterinsel und damit in Sichtweite des Landtags untergebracht ist, Studienreisen nach Israel an. Sie wurden mit 780 Euro pro Teilnehmer gefördert. Das kritisierte der Rechnungshof genauso wie ein Vernetzungstreffen mit Besichtigung des Fußballstadions.

Mehrere Jahre lang bot die Landeszentrale, die auf der Praterinsel und damit in Sichtweite des Landtags untergebracht ist, Studienreisen nach Israel an. Sie wurden mit 780 Euro pro Teilnehmer gefördert. Das kritisierte der Rechnungshof genauso wie ein Vernetzungstreffen mit Besichtigung des Fußballstadions.

(Foto: Catherina Hess)

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hatte 2009 bei einer Überprüfung der Landeszentrale gravierende Mängel festgestellt. Unter anderem hatte März dem Rechnungshof zufolge ein von ihm selbst verfasstes Geschichtsbuch für die Landeszentrale aufgekauft. Daneben listet der ORH-Bericht eine Vielzahl von Versäumnissen und Verfehlungen der Landeszentrale wie das Führen einer "schwarzen Kasse" unter März' Leitung auf, ohne dass dies für den Direktor persönliche Konsequenzen gehabt hatte. Zwar stellte Spaenle 2009 die Mängel nach eigenem Bekunden ab, aber März durfte bleiben. März selbst will sich mit Blick auf das Verfahren nicht äußern.

Erst jetzt, zwei Jahre später, arbeitet das Kultusministerium den Fall auf - und das offenkundig auch nur aufgrund wachsenden politischen Drucks. Erst auf Drängen der SPD-Fraktion im Landtag hatte Spaenle den bis dahin unter Verschluss gehaltenen Rechnungshofbericht der Opposition zur Verfügung gestellt. Die SPD hatte zuvor mit einer Klage gedroht, so weit wollte es Spaenle nicht kommen lassen und machte den Bericht öffentlich. Seither kommen immer mehr Details über das fragwürdige Finanzgebaren der Landeszentrale ans Licht.

Dennoch versuchte der CSU-Politiker Spaenle zunächst, die von den Rechnungsprüfern erhobenen Vorwürfe kleinzureden. "Es handelt sich eher um Dinge, die sich eingeschlichen haben", sagte er vor knapp anderthalb Wochen im Gespräch mit der SZ. Damals distanzierte er sich deutlich von den Vorgängen: "Das war vor meiner Zeit, das sage ich ganz deutlich." Erst 2008 wurde Spaenle Kultusminister, er löste damals Siegfried Schneider ab.

Die Rechnungsprüfer kommen zu einem harschen Urteil, auch was die Kontrollpflichten von Spaenles Haus anbelangt: "Bei der Bayerischen Landeszentrale wurden fundamentale Grundsätze einer ordentlichen Verwaltung ignoriert. Eine Aufsicht über deren Verwaltungshandeln findet nicht statt", heißt es als Fazit. Konkret listet der Bericht auf, dass eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 65.000 Euro in Form einer "schwarzen Kasse" geführt worden sei.

Schwere Vorwürfe und Rücktrittsforderungen

Autoren erhielten Honorare, die teilweise um 20 Prozent über dem lagen, was sonst in der Branche gezahlt wurde. Fragen werfen auch Aufträge im Zeitraum von 2004 bis 2008 mit einem Gesamtvolumen von 1,1 Millionen Euro an eine einzige Verlags-GmbH auf, die auch für die CSU-Fraktion tätig sein soll. Die Rechnungsprüfer beklagen "massive Vergabeverstöße", die Landeszentrale hätte die Leistungen teilweise um bis zu 30 Prozent billiger haben können.

An anderer Stelle kritisieren die Prüfer, dass die tatsächlichen Ausgaben für die Gestaltung der Wanderausstellung "Echo der Zeit" mit 115.000 Euro weit über den geplanten Kosten von 25.000 Euro gelegen hätten. 2007 sponserte die BLZ dem Bericht zufolge bei einer zweitägigen Konferenz der Länder-Zentralen für politische Bildung den Teilnehmern eine Stadionbesichtigung in der Allianz-Arena und einen Restaurant-Besuch: 3200 Euro.

"Wir halten derart hohe Betreuungsausgaben nicht mit dem Haushaltsrecht für vereinbar", schreibt der ORH. Bei einer Studienreise nach Israel wurden einem Busfahrer offenbar 650 Euro und einem Reiseleiter 975 Euro an Trinkgeld gegeben. SPD und Grüne beziffern nach Durchsicht des Berichts die Verluste auf etwa 350.000 Euro.

Besonders schwer wiegt der Verdacht, dass sich Direktor März selbst begünstigt haben könnte. Die Rechnungsprüfer kritisieren, dass die Landeszentrale 2004 5280 Exemplare des Geschichtsbuchs "Der Erste Weltkrieg" für knapp 18.000 Euro angeschafft hat. 2007 orderte März weitere 1200 Exemplare des Buches, dessen Autor er selbst ist.

März sei zur "Auftragserteilung nicht befugt", rügt der ORH. "Solch ein Ankauf wird so nicht mehr vorkommen", erklärt nun ein Sprecher des Kultusministeriums. Warum das Ministerium nicht früher gegen März ermittelt habe, begründet der Sprecher damit, dass im Jahr 2009 zunächst im Mittelpunkt gestanden habe, die Verstöße abzustellen. März ist seit 2004 Leiter der Landeszentrale.

In der Opposition werden Rücktrittsforderungen gegen März laut. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hält März für kaum noch im Amt zu halten. "Er muss suspendiert werden", sagte er der SZ. Kultusminister Spaenle macht er schwere Vorwürfe. Sein Haus habe versucht, die Missstände zu vertuschen. Die SPD kündigte an, im Landtag einen umfassenden Bericht über strukturelle, personelle und strafrechtliche Konsequenzen zu beantragen. Auch die Landtagsgrünen haben sich geäußert. Auch der Grüne Sepp Dürr klagte, dass die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen worden seien. Seit Bekanntwerden der Kritik habe es keine dienstrechtlichen Konsequenzen gegeben.

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