Landesversammlung der JU:Söder und Weber: Schaulaufen vor der Jugend

Junge Union Bayern - Landesversammlung

Manfred Weber, der am Samstag zur Jungen Union in Erlangen sprach, wünscht sich für die CSU eine "Politik aus der Mitte".

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Das Treffen des Parteinachwuchses hat Züge eines Mini-Parteitages. Weil Seehofer fehlt, schöpfen zwei andere Jubel und Aufmerksamkeit ab: Finanzminister Söder und Partei-Vize Weber.

Von Roman Deininger und Wolfgang Wittl, Erlangen

Die Veranstaltung war bestens getarnt. Offiziell hatte die CSU nach Passau zum Politischen Aschermittwoch eingeladen, doch intern sprach jeder nur von einer Castingshow. Gleich vier Redner beorderte Parteichef Horst Seehofer neben sich auf die Bühne: Generalsekretär Andreas Scheuer, den damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt, Innenminister Joachim Herrmann und Parteivize Manfred Weber. Am Ende umarmte Seehofer, im Umgang sonst distanziert, alle Mitstreiter. Nur einen ließ er abseits am Bühnenrand sitzen und erwähnte ihn mit keiner Silbe: Finanzminister Markus Söder.

Acht Monate liegt das zurück, gefühlt sind es Jahre, so sehr hat sich in der CSU die Stimmung seit der für sie missratenen Bundestagswahl gedreht. Auch die Landesversammlung der Jungen Union (JU) am Wochenende ähnelt einem Mini-Parteitag. Anders als in Passau hat Seehofer allerdings keinen Einfluss auf die Regie. Den Jubel der Parteijugend schöpft Söder ab. Seehofer ist gar nicht gekommen - auch deshalb straft ihn die JU mit der "Erlanger Erklärung" ab: Als erster Parteiverband stellt sie sich offen gegen eine weitere Amtszeit des Ministerpräsidenten, fordert einen "glaubwürdigen personellen Neuanfang". Alles ist jetzt anders, nur eines nicht: Ein Schaulaufen gibt es auch diesmal.

Fortsetzung der Landesversammlung der Jungen Union

Lauter Fans: Mitglieder der Jungen Union Bayern machen während der Landesversammlung am Sonntag in Erlangen auf Schildern deutlich, wen sie als kommenden Mann der CSU sehen. Markus Söder, noch Heimatschutzminister, scheint die beinahe spontan wirkende Sympathiekundgebung zu gefallen.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Söder folgt damit dem Weg seines Mentors Edmund Stoiber

Nicht einmal hochdekorierte Partei-Offiziere vermögen derzeit abzuschätzen, wie es weitergeht an der Spitze der CSU und im Freistaat. Will Seehofer in beiden Ämtern weitermachen? Wirft er komplett hin? Gibt er teilweise Macht ab?

Bekannt ist, was Söder sich vorstellen kann. Er will unbedingt Ministerpräsident werden und zur Landtagswahl 2018 mit dem Amtsbonus antreten. Dafür wäre er bereit, den Parteivorsitz einem anderen zu überlassen, sogar seinen schärfsten Gegnern. Zum einen würde somit jedes der beiden verfeindeten CSU-Lager zum Zug kommen. Zum anderen verspürt Söder wenig Neigung, als CSU-Chef mit dem bundespolitischen Ballast einer sich abzeichnenden Jamaika-Koalition in den Landtagswahlkampf zu ziehen.

Söder folgt damit dem Weg seines Mentors Edmund Stoiber: Auch der eroberte das Amt des Regierungschefs im Kampf, der CSU-Vorsitz fiel ihm Jahre später wie von selbst zu. Sollte Seehofer bereit sein, beide Ämter zu räumen und Söder als Ministerpräsidenten zu akzeptieren (wofür es keinerlei Anzeichen gibt), könnte er dafür wohl jeden Kandidaten als Parteichef durchsetzen: Herrmann, Weber - selbst der strategisch clevere, aber beim Parteivolk unbeliebte Landesgruppenchef Dobrindt wäre dann vorstellbar.

Dobrindt wäre damit ohne Chance

Anders sähe es aus, müsste der Parteivorsitz im Streit genommen werden. Söder lässt seit Monaten ausrichten, er werde gegen jeden außer Seehofer antreten, sollte er übergangen werden. Dobrindt wäre damit ohne Chance. Einen aktuellen Hinweis über die Beliebtheit in der Partei lieferten die Auftritte Webers, Herrmanns und Söders bei der Jungen Union. Söder wurde regelrecht hofiert, eine Lösung ohne ihn ist für die meisten JU-ler nicht mehr vorstellbar, davon zeugen auch die begeisterten "Markus"-Rufe am Delegiertenabend.

Besonders bemerkenswert ist deshalb der Jubel für Manfred Weber - wie Söder ehemaliger JU-Chef. Denn beide sind sich in tiefer Abneigung verbunden, und doch wünschen sich viele im CSU-Nachwuchs eine Rückkehr Webers aus Brüssel, wo er als Chef der Konservativen im Europaparlament zu den mächtigsten EU-Politikern zählt. Weber werde in Bayern gebraucht, fordern Delegierte, er müsse als Parteichef oder Ministerpräsident Verantwortung übernehmen. Der Parteivize wiegelt ab, vielleicht weil er weiß, dass sein Rückhalt in der Landtagsfraktion und in den fränkischen CSU-Bezirken für einen Erfolg gegen Söder kaum ausreicht.

Weber: "Ja, die CSU braucht kurz über lang Erneuerung"

Weber, 45, spricht am Samstag lieber vom Mannschaftsgeist. Wäre die Kongresshalle in Erlangen ein Gerichtssaal, gebührte ihm zu gleichen Teilen die Rolle als Seehofers Verteidiger und Söders Ankläger. Der Parteichef sitzt zu dieser Stunde in Berlin bei der Kanzlerin, berät mit den Unionsspitzen über das Vorgehen bei den Sondierungen. "Die Glaubwürdigkeitsfrage wird heute in diesen Gesprächen entschieden", sagt Weber. Davon hänge die Zukunft der Partei ab, deshalb mahnt er zu Ruhe und Geduld. Wenn es der CSU nicht gelinge, zentrale Wahlversprechen durchzusetzen, komme es auf die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl überhaupt nicht mehr an: "Dann kann antreten, wer will."

Auch das sagt Weber: "Ja, die CSU braucht kurz über lang Erneuerung. Aber die Form der Auseinandersetzung ist genauso wichtig." Und: "Es reicht nicht nur, die starke Rede zu halten." Stattdessen müsse man Politik mit Substanz unterlegen. Er rät: Weniger auf Umfragen und Personalpolitik blicken, dafür mehr auf eigene Überzeugungen. Sozial und liberal, konservativ im modernen Sinn und christlich - "eine Politik aus der Mitte" wünscht sich Weber. Und dass die CSU sich nicht kleinmachen und nur um Bayern kümmern dürfe, sondern darüber hinaus wahrnehmbar sein müsse. Auch das ist als Spitze gegen Söder zu verstehen, der sein Wirken vor allem auf den Freistaat ausrichtet.

Auch Joachim Herrmann fordert Zusammenhalt: "Wir brauchen weniger Ich, sondern mehr Wir in der Partei." Das gelte für alle Beteiligten. Nur 40 Wochen blieben vom Parteitag im Dezember bis zur Landtagswahl. Die CSU müsse wieder lernen, intern hart zu diskutieren, "aber in der Öffentlichkeit hemmungslos gut über uns zu reden". JU-Chef Hans Reichhart, mit fast 97 Prozent im Amt bestätigt, überschüttet alle Redner mit Dank. Seine Leute nehmen ihre eigene Wertung vor. Herrmann bekommt eineinhalb Minuten freundlichen Applaus, Söder und Weber liegen mit drei Minuten fast gleichauf.

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