Landespolitik:In der CSU entbrennt der Streit um die Vizeposten

Politischer Aschermittwoch - CSU

Die Unterfränkin Dorothee Bär, 39, bespielt als Selfie-Profi alle Kanäle. Sie könnte Landtagspräsidentin Barbara Stamm als Parteivize beerben.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Beim CSU-Parteitag werden die stellvertretenden Parteivorsitzenden bestimmt.
  • In diesem vermeintlich unauffälligen Job muss der Proporz stimmen - und das ist alles andere als einfach.
  • Derzeit gibt es sechs Bewerber für die fünf Stellen, darunter sind drei Frauen.

Von Wolfgang Wittl

So brutal in der CSU um Macht gerungen wird, so sensibel wird stets an dem Geflecht aus Posten und Pöstchen gebastelt, welches die Partei tragen soll. Proporz heißt das christsoziale Zauberwort - sei es bei der Besetzung von Ministerämtern, oder auch am kommenden Wochenende beim Parteitag in Nürnberg. Männer und Frauen, Franken, Altbayern und Schwaben, Katholiken und Protestanten, Politiker aus Bund und Land, aus Europa und Kommunen: Die Mischung macht's, selbst bei vermeintlich unauffälligen Jobs wie den stellvertretenden Parteivorsitzenden.

CSU-Chef Horst Seehofer wird der Satz zugeschrieben: "Die Hundehütte ist für den Hund, der CSU-Stellvertreter ist für die Katz'." Er gab das Bonmot zum Besten, als er selbst noch zu den Mäusejägern und nicht zu den großen Tieren zählte. Und trotzdem übersteigt das Interesse der Katzen diesmal das Angebot an Futterplätzen.

Sechs Bewerber haben sich für die fünf Stellvertreter-Ämter gemeldet. Obwohl Landtagspräsidentin Barbara Stamm ihren Platz als Parteivize nach 24 Jahren räumen wird, hat die CSU die Wahl - sofern nicht noch ein Kandidat zurückzieht. Danach sah es bislang nicht aus: Kurt Gribl, Angelika Niebler, Christian Schmidt und Manfred Weber haben im Parteivorstand angekündigt, sie wollen wieder als Stellvertreter antreten.

Neu hinzu kommen zwei Frauen: Dorothee Bär, 39, Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium. Und Melanie Huml, 42, Bayerns Gesundheitsministerin. Da beginnt das Problem. Bär reist auf dem Ticket des Bezirksverbandes Unterfranken, der den Platz der Unterfränkin Barbara Stamm wieder für sich reklamiert. Auch Huml kommt aus dem Norden Bayerns, aus Oberfranken. Für sie spricht, dass sie die einzige Landespolitikerin im engsten CSU-Führungszirkel wäre.

Bis jetzt waren es mit Seehofer und Stamm derer zwei, doch schon mit ihnen fühlte sich die Landtagsfraktion in der Parteispitze nicht überrepräsentiert. Stamm hört jetzt auf, Seehofer will sich auf die Bundespolitik konzentrieren. Gute Aussichten also für Huml, zumal vor der Landtagswahl. Aber wer bliebe dann auf der Strecke?

Das beste Ergebnis aller Stellvertreter erzielte beim letzten Mal Manfred Weber, der Chef der Konservativen im Europaparlament. Schon im Machtkampf zwischen Markus Söder und Seehofer machte Weber, 45, seine Ambitionen auf höhere Aufgaben deutlich. Sollte Seehofer aufhören, stehe er als Parteivorsitzender bereit, hat der Niederbayer in internen Runden gesagt.

Mancher denkt, Seehofer sei ein Garri Kasparow der CSU

Mit Weber und Angelika Niebler, 54, ist der CSU-Europaflügel zwar eigentlich zu stark vertreten. Doch die Europaparlamentarierin aus Oberbayern führt außerdem die Frauen-Union an, auch sie dürfte ihren Platz wohl sicher haben. Der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl, 53, soll den Kommunen in der CSU-Spitze Gehör verschaffen. Er wurde erst vor zwei Jahren gewählt, als die Zahl der Stellvertreter von vier auf fünf aufgestockt wurde. Einziger Schwabe und Chef des bayerischen Städtetags, das könnte reichen.

Anders bei Christian Schmidt. Mit 60 Jahren ist der Mittelfranke der älteste aller Kandidaten, seine Fortbeschäftigung als Landwirtschaftsminister in Berlin gilt als fraglich. Andererseits ist er der einzige Protestant in der CSU-Spitze. Ob Schmidt nicht verzichten solle, wurde Seehofer gefragt. Er halte nichts davon, Menschen "wie Schachfiguren hin- und herzuschieben", antwortete der Parteichef. Das überraschte. Mancher denkt, Seehofer sei ein Garri Kasparow der CSU.

Am Freitag versuchten die mächtigen Bezirkschefs eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, bislang erfolglos. Am Samstag nominierten sowohl die Mittelfranken ihren Kandidaten Schmidt, als auch die Oberfranken ihre Favoritin Huml. Das frischeste Gerücht: Womöglich fordert die Bundespolitikerin Bär den Bundespolitiker Schmidt heraus. Drei Frauen als Vize - dieses Signal fände durchaus Sympathie in der von Männern dominierten CSU. Weitere Gespräche mit Seehofer sollen aber noch folgen.

Zuletzt war ja eine andere Form von Stellvertreterkrieg in der CSU zu beobachten. Die größere Frage am Freitag und Samstag wird wohl sein, wie belastbar sich der öffentlich zelebrierte Schulterschluss zwischen Parteichef Seehofer und dem designierten Ministerpräsidenten Söder erweist.

Beide haben sich über Jahre bittere Kämpfe geliefert, ehe Seehofer nun einen Teil der Macht abgeben musste. Die Antwort auf die Stabilität dieses Zweckbündnisses wird auch an den Wahlergebnissen auf dem Parteitag abzulesen sein. Siegt die neue Disziplin über die alte Zerrissenheit? Auch Söder will mit einem guten Ergebnis zum Spitzenkandidaten gekürt werden.

Die Führungsriege ist also an Geschlossenheit interessiert, die vielen Delegierten machen Parteitage indes unberechenbar. Seehofer zeigt sich betont demütig. Er werde gerne für eine große Koalition verhandeln, sagte er, aber nur, wenn die Partei es wünsche. Mancher mahnte bereits: Das Ergebnis für den CSU-Chef entscheide auch über die Stärke der Partei in Berlin. Seehofer schickte im Vorstand schon mal eine als Witz verpackte Grußadresse an seine Gegner: Je schlechter sein Resultat als Parteichef ausfalle, desto später werde er sein Amt als Ministerpräsident räumen.

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