Lärmbelästigung:Wenn die US-Army die Nachtruhe stört

Veteranen US-Army

Die Helikopter der US-Armee an deren Stützpunkt in Katterbach bei Ansbach fliegen wochentags bis Mitternacht, am Wochenende bis 2 Uhr - zu Übungszwecken.

(Foto: picture alliance / Daniel Karman)
  • Im Ansbacher Ortsteil Katterbach und in der Gemeinde Illesheim bei Bad Windsheim liegen die europäischen Helikopterstützpunkte der US-Army - die dort wochentags bis 24 Uhr Flugübungen absolviert.
  • Die Stadt Ansbach versucht seit Jahren, ein Nachtflugverbot durchzusetzen - bisher vergeblich.

Von Claudia Henzler, Ansbach

In Bayern gilt seit 1999 die Biergartenverordnung. Die schreibt vor, dass in Freiluftschänken spätestens um 22 Uhr keine Musik mehr gespielt werden darf, damit die Anwohner ruhig schlafen können. Wer aber neben einem Flughafen der US-Streitkräfte wohnt, hat kein Anrecht auf eine angemessene Nachtruhe.

Viele Bürger in den mittelfränkischen Städten Ansbach und Bad Windsheim müssen ertragen, dass Hubschrauberpiloten bis Mitternacht und darüber hinaus Flugübungen absolvieren, auch wenn sie damit die Nachbarn stören. Denn im Ansbacher Ortsteil Katterbach und in der Gemeinde Illesheim bei Bad Windsheim liegen die europäischen Helikopterstützpunkte der US-Army. Dort wird wochentags meist bis 24 Uhr geflogen, im Sommer sogar bis 2 Uhr.

Die Stadt Ansbach versucht seit Jahren, ein Nachtflugverbot durchzusetzen - vergebens. So seltsam das anmutet in einem Land, in dem erfolgreich gegen Kirchengeläut geklagt werden kann: Niemand sieht eine rechtliche Handhabe gegen den Übungsbetrieb zur Schlafenszeit. Der Freistaat verweist auf den Bund, der wiederum auf das Nato-Truppenstatut. Die Konsequenz hat das Bundesverteidigungsministerium schon vor einigen Jahren auf eine Frage der Linken im Bundestag, welche Lärm-Grenzwerte auf den mittelfränkischen Heliports gelten, so erklärt: "Der Militärflugplatz unterliegt keinen öffentlich-rechtlichen Betriebsbeschränkungen."

Es existiere nur eine "freiwillige Selbstbeschränkung" aus dem Jahr 1995, die das Bundesverteidigungsministerium und die US-Botschaft vereinbart haben. Der ist es zu verdanken, dass nicht die ganze Nacht durchgeflogen wird. Rechtlich verbindlich sei sie aber nicht.

Einen Rest Hoffnung haben die Anwohner auf die bayerische Staatsregierung gesetzt. Denn die hatte versprochen, zu prüfen, ob rund um den Flugplatz Lärmschutzbereiche ausgewiesen werden können. Diese Prüfung hat stolze neun Jahre gedauert, nun hat das Innenministerium das Ergebnis an die Anrainergemeinden geschickt. Es lautet: Es wird rund um Katterbach keine Lärmschutzzonen geben. Nach den Berechnungen sei der Dauerschall nicht hoch genug.

Jammern die Anwohner also grundlos? Als lokaler Landtagsabgeordneter der Grünen ist Martin Stümpfig seit Jahren mit dem Thema befasst, als gelernter Umweltingenieur kennt er sich zudem mit Lärmmessungen aus. Für ihn ist klar: "Der Fluglärm hat in den letzten Jahren ein unerträgliches Ausmaß angenommen." Das Problem sind seiner Ansicht nach die Grenzwerte. Denn die gälten für die gemittelte Belastung. "Die Spitzen werden gekappt." Auch wenn also jemand mehrmals nachts aus dem Schlaf schreckt, könne es sein, dass die Grenzwerte insgesamt nicht überschritten werden.

Die Ansbacher Innenstadt, vier Kilometer vom Flugplatz entfernt, wird selten überflogen. Etwa 4000 bis 5000 Einwohner verschiedener Ortsteile sind vom Fluglärm betroffen, schätzt Oberbürgermeisterin Carda Seidel (parteilos). Bund und Land werden deshalb nicht mit Zehntausenden Beschwerden konfrontiert. Der Druck, doch noch eine Lösung zu finden, ist wohl auch deshalb überschaubar. Für die Bewohner einiger Gemeinden und einzelner Ansbacher Ortsteile ist der Druck, etwas zu ändern, allerdings sehr hoch, in Obereichenbach etwa.

Die Siedlung hat um die 550 Einwohner und liegt etwa einen Kilometer vom Heliport Katterbach entfernt. Viele Obereichenbacher sind in der Bürgerinitiative "Etz langt's" organisiert. Sie haben oft protokolliert, wie viele Hubschrauber vom Typ Black Hawk, Apache oder Chinook drüben in Katterbach starten und landen, Platzrunden drehen, die Siedlung überfliegen oder einfach minutenlang über dem Flugfeld in der Luft stehen. Es knattert oft und lang. Im Laufe der Jahre haben Bürgerinitiative und Stadt alles mögliche versucht, um Nachtübungen und den Flug über Wohngebiete zu beenden: Minister aus Bund und Land wurden zu Ortsterminen gebeten, Petitionen verfasst. Gebracht hat das alles so gut wie nichts.

Die Stadt hat sich darauf verlegt, mit der US-Army kleine Verbesserungen auszuhandeln - dass die Piloten beispielsweise nicht alle Tage ausschöpfen, an denen sie bis 2 Uhr fliegen dürften oder dass die Hubschrauber auch mal zwei Wochen in Grafenwöhr üben. Zuletzt war die fest stationierte Einheit am Standort Ansbach stark verkleinert worden. Doch seit März 2017 kommen wechselnde Brigaden jeweils für neun Monate aus den USA nach Katterbach und Illesheim, um dort intensiv zu trainieren. Aktuell sind mehr als 100 Hubschrauber und gut 3000 Soldaten am Standort.

Der Krach ist mindestens so stark wie früher, einige bezeichnen ihn als schlimmer. So sagt beispielsweise Gerhard Kraft, Bürgermeister der Anrainergemeinde Weihenzell, dass der Lärm nach dem Empfinden seiner Bürger zugenommen hat. Aktuelle und offizielle Messungen gibt es nicht. Gewachsen ist offenbar auch die Belastung bei Illesheim. Vor knapp einem Jahr hat sich auch dort eine Bürgerinitiative gebildet, auf deren Druck hin hat der Bad Windsheimer Stadtrat im Dezember beschlossen, Lärm und Schadstoffbelastung messen zu lassen. "Etz langt's" will es nun mit dem Hebel Feinstaub probieren. Sie hat ein teures Messgerät angeschafft, die Auswertung soll bald fertig sein. Ziel ist, die Staatsregierung zu offiziellen Messungen zu bewegen - in der Hoffnung, dass die Auswertung dann nicht wieder neun Jahre dauert.

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