Kultusminister in der Kritik:Prügelknabe Spaenle

Ludwig Spaenle bei CSU Listenaufstellung für Kommunalwahl in München, 2013

Kultusminister Ludwig Spaenle hat gerade keinen guten Lauf.

(Foto: Stephan Rumpf)

Noch immer ist nicht geklärt, ob es künftig mehr oder weniger Lehrer gibt: Superminister Spaenle hat den Zorn von Ministerpräsident Seehofer erregt. Doch eine Chance hat er noch, um vom Prügelknaben zum Einser-Schüler zu werden.

Von Frank Müller

Man kann das bayerische Kabinett durchaus als Klassenzimmer für Fortgeschrittene begreifen. Da gibt es Vorlaute, Spätpubertäre und Mauerblümchen. Und immer gibt es einen Prügelknaben, darauf legt der Klassenleiter Wert. Seit dem Wochenende spielt Kultusminister Ludwig Spaenle diese Rolle. Er hat den Zorn von Horst Seehofer erregt, weil er durch ungeschicktes Manövrieren die Bürger im Freistaat im Unklaren ließ, ob sie nun künftig mit mehr oder weniger Lehrern an den Schulen zu rechnen haben. Und wenn der Ministerpräsident etwas nicht leiden kann, dann sind es vermeidbare Fehler im eigenen Laden. Vor allem, wenn sie Seehofer in den Verdacht des Wahlbetrugs bringen.

Für Spaenle sind die Wutausbrüche des CSU-Chefs doppelt unangenehm, weil er eigentlich seit einigen Monaten zu zweifacher Stärke aufgelaufen sein wollte. Seit der Landtagswahl im vergangenen Herbst ist er nicht mehr nur für die Schulen zuständig, sondern auch für Universitäten, Wissenschaft und Kunst. Seehofer führte die beiden getrennten Ministerien wieder zusammen, wie es früher in Bayern üblich war.

Für Ludwig Spaenle schien der Weg frei, ein zweiter Hans Maier zu werden. Der legendäre Minister hatte Bayern 16 Jahre lang geprägt, er war einer, der auch Franz Josef Strauß die Stirn bieten konnte. Spaenle sah sich angekommen in den Bereichen, die ihn am meisten interessieren: historische Forschung, Aussöhnung mit Israel, Zeitgeschichte.

Doch von der Ernennung zum "Superminister" durch Seehofer bleibt nach den obligatorischen hundert ersten Tagen nun vor allem hängen, dass es nicht so leicht ist, ein super Minister zu sein. Spaenle hatte vom Regierungschef den Arbeitsauftrag, für "Ruhe an der Bildungsfront" zu sorgen. Das hat erkennbar nicht funktioniert.

Die bayerischen Schlagzeilen werden maßgeblich in seinem Bereich gemacht: Spitzenreferendare, die im Freistaat keine Stelle bekommen. Der Ärger ums achtstufige Gymnasium, zu dem es wahrscheinlich zum Volksbegehren kommt. Der Umgang mit Hitlers "Mein Kampf", vor dessen historisch-kritischer Neuausgabe Spaenle nun zurückschreckt. Und jetzt die immer noch nicht richtig geklärte Frage, wie viele Lehrerstellen im Freistaat verschwinden, weil es weniger Schüler gibt. Die Lehrerszene ist in Aufruhr, weil vor der Wahl von Aufbau die Rede war und nicht von Abbau.

Spaenle, 52, ist ein geistvoller Mann, aber er ist kein Feingeist. Durch seinen bellenden Sprachstil macht er sich nicht immer leicht verständlich. Auch sonst kann er ziemlich grob werden. Auch deswegen ist er zugleich Chef der Münchner CSU. In der leistete er viel, was Seehofer gefällt. Er machte einen querulatorischen Bezirksverband zur halbwegs modernen Großstadtpartei. Bei den Kommunalwahlen im März ist sogar das Undenkbare möglich: dass die CSU die SPD an der Münchner Stadtspitze ablöst. Wenn Spaenle das gelingt, dann ist er nicht mehr Prügelknabe. Sondern Einser-Schüler.

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