Kürzungen der Bundesregierung:Frust bei bayerischen Biogas-Bauern

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Die geplante Kostenbremse beim Atomausstieg wird in Bayern nicht nur die Windkraft bremsen: Der Ausbau der Biogas-Anlagen wird voraussichtlich fast vollständig zum Erliegen kommen. (Foto: dpa)

Bayern ist Biogas-Land Nummer eins in Deutschland, die Anlagen versorgen 1,25 Millionen Haushalte mit Strom. Die Kürzungspläne der Bundesregierung treffen den Freistaat deshalb besonders hart.

Von Christian Sebald

Die Biogas-Bauern haben viele schwere Zeiten erlebt. Doch so groß wie dieser Tage war ihr Frust nie. "Wenn die Kürzungspläne von Bundesenergieminister Sigmar Gabriel Wirklichkeit werden, wird in Bayern keine neue Biogasanlage mehr gebaut", sagt Josef Pellmeyer, Biogas-Bauer der ersten Stunde und lange Jahre Chef des Fachverbands Biogas. "Dann wird ein zentraler Eckpfeiler der Energiewende weggeschlagen."

Auch Bauernpräsident Walter Heidl ist alarmiert. "Die Biomasse wird ins Abseits katapultiert, wenn 40 Prozent der Vergütung für Biogas-Strom wegfallen", sagt Heidl. In der Staatsregierung sind sie ebenfalls sehr besorgt. "Gabriel muss unbedingt nachbessern", sagt Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU). "Biogas ist gerade bei uns in Bayern in sehr wichtiger Stromlieferant."

Der Frust ist verständlich

Man kann den Frust der Biogas-Bauern und ihrer Lobby verstehen. Schließlich will Gabriel nicht nur die Vergütungen für Biogasbauern senken. Sondern auch den Neubau von Anlagen streng begrenzen. Dabei ist es noch nicht lange her, dass Biogas als Wunderenergie galt. Für seine Produktion sind nur ein geschlossener Behälter, Mais, Gülle oder andere Abfälle aus der Landwirtschaft nötig - und Bakterien. Sobald sie auf das sogenannte Substrat einwirken, entsteht Biogas. Gas, aus dem man Strom produzieren kann, wann immer man ihn braucht. Denn das ist der große Vorteil von Biogas: Es ist außer Wasserkraft die einzige erneuerbare Energie, die sich speichern lässt. Deshalb halten viele Experten Biogas für unverzichtbar für die Energiewende.

Dennoch kommen Gabriels Kürzungspläne wenig überraschend. Denn Biogas ist zugleich höchst umstritten. Nicht nur, weil es zu den teuersten erneuerbaren Energien zählt. Sondern auch wegen seiner schlimmen Auswirkungen auf die Umwelt. Die allermeisten Biogas-Anlagen werden ausschließlich mit Mais betrieben. Die Folge: Je mehr Biogasanlagen gebaut werden, desto mehr Maisäcker werden angelegt. Das verödet nicht nur für das Landschaftsbild. Sondern schädigt die Böden, das Trinkwasser und die Artenvielfalt. Deshalb hat der Bund die Förderung von Biogas seit 2012 zusammengestrichen. Und die große Koalition hat von Anbeginn klar gemacht, dass sie diesen Kurs fortsetzt.

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Jeder konnte also wissen, dass es Bayern besonders treffen wird. Bayern ist Biogas-Land Nummer eins in Deutschland. Im Freistaat stehen gut 2300 Biogas-Anlagen, so viele wie in keinem anderen Bundesland. Sie hatten eine Gesamtleistung von etwa 750 Megawatt. Das ist beinahe so viel wie ein hochmodernes Gaskraftwerk hat. Zusammen erzeugen sie Strom für mehr als 1,25 Millionen Haushalte.

Ein guter Plan - in der Schublade

Aber das ist es nicht alleine, warum Gabriels Kürzungspläne für Bayern besonders schlimm sind. In den Schubladen von Energieministerin Ilse Aigner (CSU) schlummert ein fertiger Plan, nach dem etliche hundert bereits vorhandene Biogas-Anlagen zumindest eines der vier bis fünf neuen Gaskraftwerke ersetzen könnten, die laut dem Energiekonzept der Staatsregierung nötig sind, wenn die Energiewende im Freistaat gelingen soll.

Nach dem Konzept, das ursprünglich von Agrarminister Helmut Brunner (CSU) stammt, will man dazu bis zu 1200 bestehende Biogas-Anlagen zu einem virtuellen Großkraftwerk zusammenschalten. So abenteuerlich das klingt, es ist technisch möglich. Das hat ein renommiertes Forschungsinstitut bestätigt. Allerdings müsste man die Biogasanlagen umrüsten und vor allem zusätzliche Förderanreize schaffen.

Der Staatsregierung würde das Konzept aus einer schwierigen Patsche helfen. Denn nach wie vor hat sich kein Investor in eines der dringend benötigten Gaskraftwerke gefunden - trotz aller Bemühungen. Inzwischen wird die Zeit knapp. 2015 geht mit Grafenrheinfeld das nächste Atomkraftwerk in Bayern von Netz. Wenn es bis dahin keine Ersatzkapazitäten gibt, drohen Stromengpässe. Das virtuelle Biogas-Großkraftwerk wäre ein solches Ersatzkraftwerk. Gabriels Kürzungspläne lassen freilich kaum Möglichkeiten dafür. Die CSU und Energieministerin Aigner haben es offenbar schon in den Koalitionsverhandlungen versäumt, es einzufordern. Nun will man das Versäumnis wettmachen. "Gabriels Konzept kann nicht so bleiben", sagt Staatskanzleichefin Haderthauer. "Wir werden Gespräche auf höchster Ebene führen."

© SZ vom 23.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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