Kritik an Volksbefragungen:Grüne drohen mit Klage

Richtige Idee - aber verfassungswidrige Umsetzung: So lautet die Kritik von Juristen und Grünen an den geplanten Volksbefragungen, die die CSU einführen will. Die Grünen wollen notfalls vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof ziehen.

Gegen die von der Staatsregierung geplanten unverbindlichen Volksbefragungen gibt es massive verfassungsrechtliche Bedenken. Erst krisierten zwei Rechtsprofessoren aus Osnabrück die Zulässigkeit von Seehofers Plan und bezeichneten ihn als Verstoß gegen die Verfassung, nun legen auch die Grünen nach.

Die Einführung von Volksbefragungen per einfacher Gesetzesänderung sei verfassungswidrig, sagte der Osnabrücker Verfassungsrechtler Hermann K. Heußner im Landtag. Dies ginge allenfalls über eine Änderung der Bayerischen Verfassung - wofür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag und ein Volksentscheid nötig wären. Doch auch dann wäre das Ganze ein erheblicher Eingriff in die "Architektur der parlamentarischen Demokratie", warnte Heußner. Der Professor für öffentliches Recht hatte sich bereits vergangene Woche in dem Fachblatt Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht zu den Plänen der CSU geäußert und angemahnt, dass die Partei mit ihrer eigenen Mehrheit ein Gesetz beschließe, das ihre eigene Macht verfestige.

Grüne funken der Staatsregierung dazwischen

Die Landtags-Grünen drohten für den Fall, dass die CSU über die Bedenken hinweggeht, bereits mit einer Normenkontrollklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Einen ersten Erfolg haben die Grünen bereits errungen: Sie setzten eine Expertenanhörung im Landtag am 16. Oktober durch - und brachten damit den Zeitplan der Staatsregierung durcheinander.

Deren Ziel war eigentlich, dass das Gesetz vor der Sommerpause verabschiedet wird. Heußner bezeichnete den Gesetzentwurf der Staatsregierung gleich in mehrfacher Hinsicht als verfassungswidrig. Zwar wolle die CSU die Volksbefragungen formal nicht bindend machen - faktisch wären sie das aber schon. Damit werde die Gesetzgebung in die "Volksarena" vorverlegt und der Spielraum von Regierung und Parlament eingeengt.

"Massive Einschränkung der Oppositionsrechte"

Besonders gravierend sei dies bei Entscheidungen, die später finanzielle Auswirkungen im Haushalt hätten. "Der Gesetzgeber würde sich dann zwingen, Beträge in den Haushalt einstellen zu müssen", sagte Heußner. Und dies sei ein "glasklarer Verfassungsbruch". Zum dritten beklagte der Verfassungsrechtler eine "massive Einschränkung der Oppositionsrechte". Hintergrund ist, dass eine Volksbefragung laut CSU-Gesetzentwurf ausschließlich von Staatsregierung und Landtag gemeinsam gestartet werden können soll - weder vom Landtag allein, auch nicht allein von der Opposition, und auch nicht von Bürgern.

Die Grünen - und auch der Verein "Mehr Demokratie" - fordern stattdessen niedrigere Hürden für die bereits etablierten Instrumente Volksbegehren und Volksentscheid. Zudem solle es auch zu Sachfragen Volksbegehren geben können, sagte die Grünen-Innenexpertin Katharina Schulze. Bislang ist dies nur über Landesgesetze möglich.

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