Kratzers Wortschatz:"Die Welt steht nimmer lang!"

Zwei Prominenten liefern heute den Stoff für unseren Autor: Annemarie Moser-Pröll und Helmut Markwort

Von Hans Kratzer

Der Schlampen

Im Bezirksgericht Bludenz (Vorarlberg) läuft ein Prozess, der einen Blick in die Abgründe der stolzen Skination Österreich eröffnet. Es geht dabei um üble Nachrede und um die Frage, ob der einstige Chefcoach Karl "Charly" Kahr seine Rennläuferinnen in den 1960er und 1970er Jahren missbraucht hat. Außerdem wird erörtert, ob die damals weltbeste Skifahrerin Annemarie Moser-Pröll davon etwas mitbekommen hat. Sie musste vor Gericht, wie einem Bericht der SZ zu entnehmen war, intime Fragen beantworten, etwa ob sie Sex mit den Ski-Heroen Kahr und Toni Sailer gehabt habe. Frau Moser-Pröll geriet darob aus der Fassung. "Ja bin i überhaupt no Ski gfahrn?", rief sie im Gerichtssaal. So viel Sex mit so vielen Leuten? "I bin doch koa Schlampen ned." Frau Moser-Pröll griff hier auf ein Wort zurück, das in der Schmutzecke der deutschen Sprache schlummert. Als Schlampe gilt eine Frau, die einen unmoralischen Lebenswandel pflegt. Im Dialekt heißt es nicht die Schlampe, sondern der Schlampen/Schlampn (mit dunklem a gesprochen). Diese Version hat auch Moser-Pröll verwendet. Überdies werden die Diminutivform Flitscherl und Schlamperl verwendet. Ein Schlampen zu sein, ist ein schlimmer Anwurf, Frau Moser-Pröll reagierte entsprechend entsetzt: "Die Welt steht nimmer lang!"

Fasson

Fast zehn Jahre lang hat Helmut Markwort den BR-Sonntags-Stammtisch geleitet, am Sonntag war sein letzter Auftritt. Markwort kandidiert bei den Wahlen für den Bayerischen Landtag, was eine Weiterbeschäftigung im Fernsehen ausschließt. Die voluminöse Haarpracht von Markwort war diesmal frisch gestutzt. Er trug einen Fassonschnitt, wie man im Bairischen sagt. Das Wort Fasson hat viele Bedeutungen, es bezieht sich nicht nur auf den Stil der Frisur. Der Mensch kann ganz nach seiner Fasson leben. Weniger erhebend ist es, wenn eine aufwendig gestylte Frisur aus der Fasson gerät. Der Dorffriseur Wastl Pitz aus Neufraunhofen fragte seine Kunden schon vor Jahrzehnten: "Magst a Fasson oder gleich a Glatzn?"

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