Kratzers Wortschatz:Wie das erste Okay einen Musikanten verwirrte

Im modernen Sprachengemisch kann es schon mal zu Missverständnissen kommen. Da klingt ein englisches Wort doch recht ähnlich wie der Partenkirchener Dialekt

Von Hans Kratzer

hock ei

Der 1935 geborene Anton Bartl aus Graseck bei Garmisch-Partenkirchen gilt als eine Legende der echten Volksmusik. Zusammen mit seinem mittlerweile gestorbenen Bruder Sepp prägte er viele Jahrzehnte lang die Volksmusikszene im Werdenfelser Land. In einem Film auf seiner Facebookseite (D'Hannesla) erzählt Bartl eine lustige Geschichte aus der Nachkriegszeit. Sie lehrt uns, dass es im modernen Sprachengemisch leicht zu Missverständnissen kommt, wenn man nicht genau hinhört. Anton Bartl begegnete damals einem amerikanischen Besatzungssoldaten, der mit einem Jeep unterwegs war. Nachdem dieser den jungen Mann kontrolliert hatte, sagte der Soldat "Okay", um Bartl zu bedeuten, dass er nun gehen könne. Doch auf Partenkirchnerisch klinge Okay halt wie "hock ei", sagt Bartl, und so verstand er es damals auch. Die dem südbairischen Idiom entlehnte Aufforderung "hock ei" bedeutet in diesem Fall: Setz dich herein in meinen Wagen. "I ha ma denkt, jetz muas i eihockn", erzählt Bartl. "Und i bin eighockt." Das heute zum Allerweltswort gewordene Okay war damals in Bayern kaum bekannt. Der amerikanische Soldat aber schaute den Fahrgast missbilligend an. "Na bin i hoid wieder aussa!", erinnert sich Bartl. "I hob dacht, der fohrt mi etz hoam!" Eine Frau ergänzt diese Geschichte auf Bartls Facebookseite mit der Freistil-Übersetzung der Sentenz "Es is ma wurscht": "It's me sausages!"

reißen

Für das Verb niesen ist in manchen Regionen Altbayerns das Synonym reißen bekannt. Es ist bildkräftig, denn beim Niesen wird plötzlich und laut viel Luft aus der Nase ausgestoßen. Nach dem befreienden Hatschi heißt es dann: "Jetzt hods di aber sauber grissen!" Dies bestätigt auch die im Rottal beheimatete Steinbildhauerin Margit Orlogi: "Wenns uns reißt, dann sagen wir Gsundheit", hat sie uns als Reaktion auf die in dieser Kolumne vorgebrachten Erörterungen zum Ausruf "Helf da Gott!" mitgeteilt. Laut Orlogi beantworten alte Rottaler den Wunsch "helfgod" mit "senggod". Das bedeutet: Segne dich Gott! Mehrere Leser wiesen außerdem auf eine beliebte Erweiterung des Spruchs hin: "Hejf da God in Himme nauf, wannsd owa foist, kimmst nimma nauf!" Christian M. Köhler schrieb darüber hinaus, es greife zeitlich zu kurz, den Ursprung des Spruchs "Helf da Gott" in der Pestzeit zu vermuten. "Schon in der Antike waren die Griechen der Auffassung, dass, wenn etwa in einer Versammlung einer nieste, das als eine Bestätigung der Götter für das eben Gesagte anzusehen sei", schreibt Köhler.

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