Rannen
Vor wenigen Tagen hat eine Leserbriefschreiberin aus Straubing in ihrem Lokalblatt darüber geklagt, dass die Gelben und die Roten Rüben verschwunden seien: "Auf der Waage im Supermarkt findet man nur noch Möhren und Rote Bete!" Auch in bayerischen Wirtshäusern werden mittlerweile Rote-Bete-Gerichte serviert. Selbst niederbayerische Marktfrauen zeichnen ihre Rannen oder Rahner (mit dunklem a), wie die Roten Rüben in Altbayern auch heißen, als Rote Bete aus.
"Ranen und rothe Rüben" lesen wir dagegen im Wörterbuch von Andreas Zaupser aus dem Jahre 1789. So lauten also die bayerischen Urbezeichnungen dieses Gemüses. So mancher Bayer will sich aber lieber weltmännisch ausdrücken und neigt dann zur Falschschreibung Rote Beete. Das aber sind, so es solche gibt, rot gefärbte Gartenbeete.
Unabhängig davon hat die Rübe, deren Dialektform Ruam noch an das althochdeutsche ruoba erinnert, ganze Generationen armer Leute ernährt. Die Gelbe Rübe ist heute als Karotte, Mohrrübe oder als Möhre bekannt, im Dialekt hört man die Form "Goiberuam". Dass sie, obwohl orangefarben, als gelb gilt, liegt daran, dass sie solange gelb war, bis orangefarbene Rüben gezüchtet wurden.
Wenigstens bei Frau K. dürfen die Rahner und Goiberuam weiterleben, wie sie schreibt. "Denn auf meinen Tisch kommen ausschließlich Gelbe und Rote Rüben, ob als Suppe, Gemüse oder Salat." Im Übrigen wird in Bayern ein unhöflicher Mensch, ein Lackl, als gscherte Ruam tituliert. Gscherte Bete hört man noch nicht.
Buam, essts Ruam! - Manna, essts Rana!
Vergangene Woche wurde an dieser Stelle die bayerische Wortfamilie Rote Rüben, Raner, Rannen erörtert, die leider vom nationalen Einheitsbegriff Rote Bete verdrängt wird. Ein älterer Herr aus der Holledau hat dem SZ-Kollegen Günther Knoll diesbezüglich eine wunderbare Episode erzählt, die den Stellenwert des Wortes Raner (Rana) gebührend hervorhebt.
Demzufolge diente der Mann einst als Knecht auf einem Hof bei Mainburg, wo der Bauer mittags Fleisch aß, während das Gesinde oft mit Rüben abgespeist wurde. Der Bauer tröstete seine Knechte mit folgender Aufforderung: Buam, essts Ruam!
Irgendwann bedeutete ihm der Großknecht, dass das nicht so gut ankomme, wenn er als Bauer gleichzeitig Braten esse. Daraufhin habe der Bauer Besserung gelobt. Als er sich am nächsten Tag zum Essen hinsetzte, rief er: Manna, essts Rana!