Kratzers Wortschatz:Jedem Galan einen Kerschgeist

Kratzers Wortschatz: SZ-Grafik

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Die Kirsche heißt auf Bairisch Kersch. Daher rühren zahlreiche Familiennnamen. Eine Galanterieware aber sind die Kerschn ebenso wenig wie die Brunzrübe

Von Hans Kratzer

Kerschn

Die Kirschernte zeigt ein durchwachsenes Ergebnis. Der Frühjahrsfrost hat den Blüten stark zugesetzt, an vielen Bäumen ist Totalausfall zu verzeichnen. In sprachlicher Hinsicht zeigt sich die Kirsche widerstandsfähiger. Der aus Westfalen stammende, aber in Bayern lebende Journalist Michael Watzke hat in einem Beitrag seinen Wunsch erwähnt, seine Tochter möge auch Bairisch lernen. Da sie gewohnheitsmäßig Kürsche sagte, erklärte er ihr, in Bayern sage man Kirsche. Das wiederum stimmt auch nicht ganz, denn auf Bairisch heißt die Kirsche eigentlich Kersch (Plural: Kerschn). Der zugehörige Baum ist der Kerschbaam, daraus resultiert der Familienname Kerschbaumer. Auch die Namen Kerscher, Kerschl und Kerschensteiner hängen mit der Kirsche (Kersch) zusammen. Bekannt ist zudem der Kerschgeist, ein Schnaps, der durch Kobells Stück "Die Gschicht vom Brandner Kasper" berühmt wurde. Der Brandner hängt nämlich dem vom Kerschgeist beseelten Boandlkramer einen Rausch an und gaunert ihm die Zusage ab, ihn erst später zu holen.

Brunzrübe

Die Schauspielerin Elke Sommer geriet in der BR-Sendung "Tortenschlacht" in Erzähllaune: "Ach Godele, was ham wir uns über a Brunzruum gfreit!" Dieses fränkische Wort ist nur selten zu hören. Elke Sommer erklärte es so: "Die is wie ein Reddich, is oben a bissle lila und heißt Brunzrubn oder, ach, Saachrubn, i möcht jetz ned ordinär sein, aber i hab sogar ein Lied gschriebn: die Brunzruum." Diese Brunzrübe ist eine fränkische Spezialität und heißt so, weil sie harntreibend wirkt. Im Wörterbuch von Mittelfranken wird sie als Futterrübe deklariert. Zuletzt trug Elke Sommer dieses Lied noch vor. In einer Passage sang sie: "Ich hab in Los Angeles überall meine Hand ausgestreckt, und trotzdem noch nirgendwo a Brunzruum entdeckt . . ."

Galanteriewaren

Immer mehr kleine Läden geben auf, niedergemäht vom Internethandel und von Verbrauchern, die es nicht mehr schätzen, in solchen Geschäften einzukaufen. Lieber stärken sie die eh schon ausufernde Marktmacht von Amazon & Co. Im niederbayerischen Marktflecken Geisenhausen hat jetzt "Schreibwaren Wittmann" zugesperrt, ein Laden mit langer Tradition. Die Familie Wittmann hatte ihn vor 80 Jahren übernommen, damals war es noch ein Galanteriegeschäft. Auch das schöne Wort Galanteriewaren hat den Zeitenwandel nicht überlebt. Es bezeichnete modische Accessoires wie Puderdosen, Armbänder, Tücher, Parfüms und all die liebenswürdigen Dinge, die ein Galan, ein Liebhaber, seiner Liebsten schenken sollte.

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