Kratzers Wortschatz:Gummi, Zeltln und Zuckerl

Kratzers Wortschatz: SZ-Karikatur

SZ-Karikatur

Was tut ein Mann, wenn seine Knopflöcher ausfransen? Manch einer greift dann einfach zum Flaschengummi

Von Hans Kratzer

der Gummi

"Gib Gummi!" lautet eine moderne Redensart, sie bedeutet: Fahr schneller, beeil dich! Der Ausruf weckt Assoziationen vom Autoreifen bis hin zum Kondom. Sepp Obermeier hat uns eine Episode übermittelt, in der Gummi sogar kleidungstechnisch von Bedeutung war. Ein Bierfahrer aus Konzell war demnach als Single (Oaschichtiger) leicht erkennbar. Seine Knopflöcher am Hemd waren nämlich ausgefranst, und weil er keine Frau hatte, welche hier mit Nadel und Faden einschritt, hatte er einfach, um den Knöpfen Halt zu verschaffen, einen Flaschengummi eingefädelt. "Die Bierflaschengummi-Knopflöcher waren also so etwas wie ein Oaschichtigen-Indikator", schreibt Obermeier. Während es in Bayern der Gummi heißt, ist im Norden der Republik genusmäßig auch das Gummi geläufig. In Bayern gilt das Neutrum nur in den Formen das Gummibärle und das Gummizeltl (Fruchtgummi). Zeltln sind Bonbons, also Guatl, ein Zelten aber ist ein Lebkuchen oder ein sonderbarer Mensch wie der Bierfahrer mit dem Gummi im Knopfloch.

zwocha

Ein kurioses Wort hat uns Annette Dudenhöffer mitgeteilt. "Host di no net zwocht?" und "Du kanntst di amoi wieda zwocha!" Das sind Fragen und Aussagen, wie sie Frau Dudenhöffer im Chiemgau vernommen hat, genauer zwischen Traunstein und Ruhpolding. Eine Freundin ihrer Mutter (Jahrgang 1925) habe dieses Wort immer dann gebraucht, wenn jemand einen strengen Körpergeruch verströmte. Zwocha, das ist quasi die Aufforderung, das wöchentliche Bad zu nehmen, wie es früher üblich war, als es die tägliche Dusche noch nicht gab. "Nach der Erfindung der Dusche ist das Verb leider in Vergessenheit geraten", schreibt Frau Dudenhöffer in Erwartung weiterer erhellender Ausführungen. Vorerst bleibt nur zu sagen, dass dieses Wort kaum dokumentiert ist, nur in Hans Müllers Wörtersammlung "So wead gredd" aus dem Rupertiwinkel wird das Verb zwoong erwähnt - es klingt so ähnlich und bedeutet ebenfalls waschen.

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