Kratzers Wortschatz:Gipsei, Schnacklbix und Jax Llewyn

Das Eierpecken ist ein alter Osterbrauch, den hippe Münchner Radiomoderatoren aber nun dem Neusprech unterzogen und in Eiertitschen umbenannt haben

Eierpecken

Ein beliebter Osterbrauch ist das Eierpecken, das Oarbecka, wie viele Altbayern sagen. Der Volkskundler Franz Xaver von Schönwerth beschrieb dieses Spiel vor 120 Jahren so: "Zwei stoßen die Eyer aufeinander, zuerst Spitz auf Spitz, dann Spitz auf Arsch oder umgekehrt. Wessen Ey bricht, verliert es an den anderen." Ein Kombattant schlägt also mit der Spitze seines hart gekochtes Eis gegen das Ei seines Gegners. Sieger ist derjenige, dessen Ei zuletzt ohne Bruchstelle bleibt. In der Oberpfalz wird das Spiel "Oierhiartn" genannt. Natürlich ist bei diesem Wettbewerb, der auch in Österreich, im Rheinland und sogar in Russland populär ist, immer wieder getrickst worden. Besonders Schlaue haben ihre Gegner mit unzerbrechlichen Gips- oder Pecheiern getäuscht. Dass auch das Eierpecken dem Sprachwandel unterliegt, bewies in diesen Tagen der heimatliche Radiosender Bayern 1. Einer seiner Moderatoren stellte den Brauch als Eiertitschen vor. Dieses Wort war bisher überwiegend weit nördlich von Bayern gebräuchlich, aber nicht in jenen Regionen, in denen seit jeher von Oarbecka, Oierhiartn oder Oierstoußn (Oberpfalz) die Rede ist. Nur in einzelnen Gegenden in Österreich ist gelegentlich das Verb tuatschen zu hören.

Schnackler

Vor Wochen hat sich so manches Blatt über Sarah Connors jüngsten Sohn Gedanken gemacht, besser gesagt über seinen Vornamen, der einem gesteigerten Level der Absurdität und des Nicht-Aussprechen-Könnens zugeordnet wurde. Nach Tyler Marc, Summer Antonia Soraya und Delphine Malou nun also Jax Llewyn, hieß es. "Ein Name wie ein Schluckauf", resümierte eine Rezensentin. Dazu passt hervorragend die Entsprechung, die der Schluckauf in Bayern hat. Das Wort heißt Schnackler. Der Sprachforscher Anthony Rowley bezeichnet es als onomatopoetisch, weil es laut- oder klangnachahmend ist. Es versucht also lautmalerisch das Schnackeln nachzuahmen. Analog dazu sagte man einst zur Spielzeugpistole Schnacklbix und dem Klappmesser entsprach das Schnacklmesser. Früher hatten nur die Großbauern schwere Bulldogs, während für die Häusler und Kleinbauern ein Schnackler ausreichte, ein bescheidenes Gefährt mit dem typischen Klang des Zweitakters. Die Schwaben nennen den Schnackler Häcker oder Hesch, die Franken sagen Hätscher.

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