Kratzers Wortschatz:Fagge, Fackebuck und Fackebärle

Wenn jemand bei einem schweren Delikt erwischt werde, "da würde ich nicht lange fackeln, sondern dann sollen die Menschen dorthin zurückkehren, woher sie gekommen sind", sagte Horst Seehofer kürzlich. Dieser Satz war nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich interessant

Von Hans Kratzer

fackeln

CSU-Chef Horst Seehofer hat seinen Generalsekretär Andreas Scheuer argumentativ unterstützt, nachdem dieser gefordert hatte, straffällige Asylbewerber ohne Prozess abzuschieben. Wenn jemand bei einem schweren Delikt erwischt werde, "da würde ich nicht lange fackeln, sondern dann sollen die Menschen dorthin zurückkehren, woher sie gekommen sind", sagte der Ministerpräsident. Dieser Satz war nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich interessant. Seehofer intonierte nämlich den Buchstaben a im Verb fackeln, wie im Radio deutlich zu hören war, fälschlicherweise mit hellem Klang. In der Bedeutung "zögern", die Seehofer im Sinn hatte, wird fackeln jedoch mit dunklem a gesprochen.

Mit Seehofers hellem a erhält das Verb im Bairischen eine andere Bedeutung: Dann meint fàckeln (fàggeln) nämlich ferkeln. Wenn eine Sau ferkelt, dann wirft sie Ferkel (Fàckl, Suckerl). Wenn im Alltag etwas fàggelt, dann hat das nichts Gutes zu bedeuten. Der Speedy, ein gewiefter Layouter in der SZ-Redaktion, ist normalerweise die Ruhe in Person. Aber wehe, wenn das Computerprogramm einmal hängt, was ja oft in Zeiten größter Zeitnot geschieht. Dann greift der Speedy ebenfalls zu diesem Verb, um Druck abzulassen: "Da fàggets ja üwarall", schimpft er und die armen Schreiberlinge ahnen: "Jetzt geht wirklich gar nichts mehr."

Fàckl (Fàgge)

Das zum Verb fàggeln gehörige Substantiv lautet Fàgge (Fàckerl). Es ist so bildhaft, dass es quer durch die Alltagssprache benützt wird. Früher bezeichneten tadelnde Mütter ihre Kinder als Fàgge, wenn sie sich schmutzig gemacht hatten. In einem Waggon der Südostbayernbahn hat neulich ein junger Vater auf innige Weise mit seinem Säugling kommuniziert, voller Begeisterung und mit hoher Schmusestimme herzte er ihn allerliebst zum Gaudium der Mitfahrer: "Ja bist du ein Fackebär, ein so ein Fackebärle, du, du, ja du Fackebärle!" Wenn lässige User aber von Fackebuck reden, dann meinen sie weniger ein liebes Lebewesen, sondern das Internet-Medium Facebook.

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