Kratzers Wortschatz:Eigsperrt wern ma z' Mitterfels!

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Das sperrige Wort Justizvollzugsanstalt hat längst die früheren Begriffe Gefängnis und Zuchthaus verdrängt. Sitzt aber ein Täter in einer Justizvollzugsanstalt ein, so sagt man wie einst, er sei eingesperrt oder eikastlt

Einsperrhaus

Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern, ist in die Kritik geraten, weil er bei einem Vortrag in Liechtenstein beklagt hatte, er sei der einzige Deutsche, der eine Selbstanzeige gemacht habe und trotzdem ins Gefängnis kam. Ob seine Rede nun klug war oder nicht, für diese Kolumne ist allein die semantische Komponente dieses Falls interessant. Hoeneß saß ja wegen Steuerhinterziehung eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Landsberg ab. Das sperrige Wort Justizvollzugsanstalt hat die früheren Begriffe Gefängnis und Zuchthaus verdrängt. Sitzt aber ein Täter in einer Justizvollzugsanstalt ein, so sagt man immer noch wie einst in der Zuchthaus-Ära, er sei eingesperrt oder eingekastelt (eikastlt). In der Fernsehserie "Rosenheim Cops" klagte ein Verdächtiger: "Jetzt wollts mi wegen Mord eikasteln!" Ein weiterer Begriff für Justizvollzugsanstalt lautet Einsperrhaus. Er war in jener Zeit gebräuchlich, in der sich laut dem Bund Bairische Sprache folgende Episode zugetragen hat. Demnach wurde ein Bayerwäldler in einem Amt gefragt, aus welchem Bezirk er herstamme. Der Befragte verfügte nur über rudimentäre Geografie-Kenntnisse, weshalb er hilflos anmerkte: "Des woas i ned, owa eigsperrt wern ma z'Mitterfels!" Das Mitterfelser Einsperrhaus ist seit 1982 zum Heimatmuseum mit original Gefängniszellen umgewidmet. Das berühmteste Einsperrhaus aber ist jenes in Straubing, das sogar den Münchnern stets Respekt einflößte. Man höre sich nur einmal das Lied an, das einst der alte Kraudn Sepp darüber sang: "Denn die da drinnen sitzen, die schaun so traurig aus, das ist das teure, teure: Laßts mi aus!"

Greinmeicherl

Die Fürther Klamaukfiguren Waltraud und Mariechen, dargestellt von Martin Rassau und Volker Heißmann, pflegen auf der Bühne einen derben Humor. Kürzlich sind sie mit dem Bayerischen Dialektpreis ausgezeichnet worden. Solchermaßen motiviert, zitierte Waltraud neulich in einer Fernsehshow das schöne fränkische Wort Greinmeicherla. Darunter versteht man einen weinerlichen Menschen. Im Bairischen gibt es dafür den Begriff Trenzerbeidl. In Greinmeicherla ist das Verb greinen (weinen) versteckt. Dieses ist auch in Lena Christs Lausdirndlgeschichten von 1913 zu finden: "Großvata! Was greinst denn a so?" In Franken ist gelegentlich noch die ironische Aufforderung zu hören: "Etz grein halt a weng!" Ein Meicherla ist übrigens ein Kopftuch.

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