Kratzers Wortschatz:Doudln tut's nicht nur im Leichenhaus

Was Bayern sagen, wenn nichts mehr los ist im Dorf und der Bauer auf den Feldern die Gülle ausbringt

Von Hans Kratzer

doudln

Mehrere Leserinnen haben nach der Lektüre des Artikels über den Papst-Geburtsort Marktl (SZ vom 17. April) in der Redaktion angerufen und herzlich gelacht über deren bajuwarische Kompetenz. Tatsächlich war in dem Text ein Zitat eines Marktler Bürgers zu lesen, das er sehr wahrscheinlich ein bisserl anders, also bayerischer intoniert hatte. Es ging um die Tourismuskrise in Marktl zehn Jahre nach der Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum Oberhaupt der katholischen Kirche. "Wenn die Besucher des Geburtshauses nicht kämen, würde es noch mehr totteln", wurde der Bürger zitiert. In Wirklichkeit aber wird er gesagt haben: ". . . würde es noch mehr doudln" (todeln). Doudln ist ein kernbayerisches Verb, es hat Kraft und wirkt kompromisslos. Wenn es irgendwo doudlt, dann riecht man bereits Depression und Elend. Aber nicht nur im Leichenhaus doudlts, auch auf mancher Partymeile ist dieser Zustand schon beobachtet worden. Wenn nichts los ist, dann doudlts halt oder es doudlt sogar gscheid. Doudln kann auch einen üblen Geruch ausdrücken, ähnlich wie die würzigen Synonyme kaasln, knofln, wujdln, ranzln und muffln.

Odelfass

Die Neigung, nord- und niederdeutsch geprägte Wörter anstelle von südhochdeutschen Begriffen zu verwenden, ist in München stark ausgeprägt. Die Zeitungen geben nur ein Spiegelbild dieser Entwicklung, was sprachsensible Leser aber ärgert. Zu den Ausdrücken, deren Verwendung in der SZ regelmäßig kritisiert wird, zählt auch das Wort Jauchefass. Das Bairische kennt stattdessen das Odelfass. Früher war es aus Holz gefertigt, heute handelt es sich beim Odelfassl um ein High-Tech-Gerät. Für den Geruchssinn aber spielt das keine Rolle. Gerade in diesen Tagen, in denen die Landluft mit dem frisch ausgebrachten Odel (Jauche, Gülle) gewürzt ist, rümpft mancher Feingeist die Nase. Zum Trost sei hier der Räuber Kneißl erwähnt. Der ist den Häschern entkommen, indem er sich in einem stinkenden Odelfass versteckte.

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