Kratzers Wortschatz:Derbe Reime auf dem Schlittenbuckel

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Was man beim Schlittenfahren so alles sagt, war unlängst schon einmal Thema in der SZ. Nun liefern Leser neue Erkenntnisse - gute Kinderstube ist da offenbar zweitrangig

Kolumne von Hans Kratzer

aus da Boh

Vergangene Woche wurden an dieser Stelle Erinnerungen an die Freuden des Schlittenfahrens ausgebreitet. Dabei wurden Variationen eines früher sehr populären Kinderreims zitiert: Aus da Boh, aus da Boh, wer ned richtig loaddn ko! (aus der Bahn, wer nicht richtig lenken kann!). Zu diesem Phänomen erreichten uns postalisch einige aufschlussreiche Ergänzungen. Sehr poetisch klingt etwa die folgende Version, die vor einigen Jahrzehnten sogar noch auf den Münchner Schlittenbuckeln zu hören war: Aus da Boh, Zitrona-Mo, hinten hängt da Deife dro! Im Innviertel riefen die Kinder: Aus da Boh, da Kaiser kimmt mit de Schimme o! (Schimme=Schimmel). Außerdem kursierten auf dem Lande mehrere derbe Verballhornungen, diesbezüglich hat die Fantasie auch bei den bravsten Kindern geblüht, etwa im Chiemgau: Aus da Boh, aus da Boh, dass da Schimme scheißn ko! Und der krönende Spruch, an den sich, wer ihn einst gehört oder gerufen hat, jeder erinnern kann: Aus da Bo, aus da Bo, wer net richtig scheißn ko!

Fanni und Fini

In der soeben im Berta-Verlag erschienenen biografischen Chronik der Lehrerin Josephine Hartlmaier (1869-1957) tauchen unter anderem die Vornamen Fanni und Fini auf. Vor allem ältere Frauen auf dem Land werden heute noch mit diesen lustig klingenden Kosenamen gerufen. Sie gehen einem in der Alltagskonversation halt viel leichter über die Lippen als die dazugehörigen Langformen Franziska und Josefine, die natürlich vornehmer klingen. Insofern sind diese Namen nach wie vor aktuell, aber mittlerweile lauten deren Kurzformen eher Franzi und Josy. Die Franziska mutierte in der Koseform manchmal zu einem Fannerl. Aber auch eine Stefanie konnte zu einer Fanni werden, bevor sich die Mode änderte und aus ihr eine Steffi wurde. Recht eigentümlich hört sich im Übrigen die alte Kurzform des schönen Namens Barbara an. In der rauen Mundart der Dörfer wurde aus der Barbara bisweilen die Wam (Waben). Die längst gestorbene Wirts-Oma von Wambach war ihr Leben lang die Wirts-Wam.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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