Glache
Als die deutsche Fußballnationalmannschaft neulich ihre Kräfte mit den Freunden aus den USA maß, war kurz vor dem Anpfiff eine aufschlussreiche Szene zu beobachten. Nach dem Abspielen der Nationalhymnen und dem üblichen Pathos, der die Fußballer umwabert, zogen die Spieler, die im Anstoßkreis unruhig wie Renngäule umhertrabten, ihre Trainingsjacken aus. Ein älterer Herr aus dem DFB-Betreuerteam sammelte sie ein. Dabei legten aber nur wenige Spieler ihre Jacken zivilisiert über den ausgestreckten Arm des Betreuers, die meisten anderen warfen sie ihm achtlos und zerknäult entgegen.
Es war zu erkennen, dass sich der Mann nach einer Jacke bücken musste, weil sie ihm ein junger Fußballer aus kurzer Distanz gleichgültig hingeworfen hatte. Der hoch dotierte Sportler, der zu den Vorbildern der Nation gezählt wird, hatte dem freundlichen Helfer gegenüber ein respektloses Verhalten an den Tag gelegt. Es drängte sich der Eindruck auf, es herrsche im Reich des Profifußballs eine Art grobe Feudalordnung. Im ländlichen Bayern nennt man Typen, die sich durch ein unhöfliches und despektierliches Verhalten auszeichnen, Glache oder Glachel.
Das Wort klingt etwas härter als der in eine ähnliche Richtung tendierende Gloiffe. Ein Glache ist jedenfalls ein ungeschliffener Bursche, dessen charakterliche Reifung noch lange nicht vollendet ist. Das Wort Glache gab es schon im Mittelalter (klachel), damals benannte es aber noch den Glockenschwengel.
Übrigens: Die Reaktionen einiger Leser zu diesem Begriff haben nun eine erstaunliche Ergänzung zu Tage gefördert. So wurde moniert, beim Glache handle es sich weniger um einen unverschämten Rotzlöffel als vielmehr um ein schleimiges Körpersekret, genauer gesagt um einen tief aus dem Rachen kommenden Auswurf.
Manche Leser fügten sogar bildhafte Beschreibungen an, etwa in der Art, dass dem Glache ein grunzendes Nasen- und Gaumensaugen vorausgehe, das Ergebnis werde dann gezielt oder auch achtlos auf den Boden gespuckt. Ein anderer Glache-Experte ergänzte, der Hervorbringer versuche, die schleimige Absonderung unter Einsatz einer erheblichen Menge von Atemluft stoßweise aus dem Mund oder Nasenrachenraum von sich weg zu befördern, wobei in der Stoßrichtung durchaus ein vorsätzlich zu Treffender stehen könne. Dies widerfuhr einst dem Fußballer Rudi Völler, als ihm der Sportsfreund Frank Rijkaard gezielt einen voluminösen Glache in den Nacken setzte.
Es zeigt sich also, dass dieses Wort je nach Region eine unterschiedliche Bedeutung hat, wobei erstaunlich ist, dass der jeweilige andere Wortsinn dort in Gänze unbekannt ist. Das bekannteste Synonym für den Glache als Auswurf ist sicherlich der Lungenhering (Lungaharing). Seinen vornehmsten Ausdruck findet der Lungaharing bei Gerhard Polt, der ihn als die Auster des kleinen Mannes in die Literatur eingebracht hat.