Der frühere Geschäftsführer des Ingolstädter Klinikums - die Schlüsselfigur in der Affäre um mutmaßliche Vetternwirtschaft - sitzt in Untersuchungshaft. Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte, wurde Heribert Fastenmeier schon am Freitag wegen Verdunkelungsgefahr festgenommen. Es ist ein neuer Höhepunkt im Skandal um dubiose Auftragsvergaben.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen bei zwei neuen Verdächtigten abgehalten, es ging um Vergaben von Marketing- und Druckaufträgen. Laut Kriminalpolizei soll sich der Ex-Geschäftsführer mit einem früheren Mitarbeiter, anscheinend für Marketing zuständig, nach der Razzia im Stadtgebiet getroffen haben. Da habe der ehemalige Kollege Unterlagen dabei gehabt, die für die Beweisführung bedeutend sein dürften. Es bestehe "der dringende Verdacht, dass sie auf Beweismittel eingewirkt haben, und diese Gefahr auch in Zukunft weiter besteht". Das Amtsgericht Ingolstadt hat die beiden Männer am Samstag in U-Haft nehmen lassen.
Beim Marketing-Strang der Affäre sieht die Staatsanwaltschaft "erhebliche Überschreitungen" der Budgets - den Summen stehe "keinerlei sachliche Rechtfertigung gegenüber". Dies passt zu anderen Fährten im mutmaßlichen System der Vetternwirtschaft, das der langjährige Chef aufgebaut haben soll. Der Ombudsmann des Klinikums, das zu drei Vierteln von der Stadt getragen wird, war 2016 auf Ungereimtheiten gestoßen. Daraus entstand ein Ermittlungskomplex gegen gut ein Dutzend Personen - Fastenmeier, leitendes Personal, Geschäftspartner.
Profiteure der Vergaben sollen auch im Familienkreis des früheren Geschäftsführers zu finden sein. Für Neuerstellung und Wartung der Klinik-Homepage waren 434 000 Euro berechnet worden, über einen nicht regulär ausgeschriebenen Auftrag. Es soll zudem private Flüge auf Klinikkosten gegeben haben, Schmu bei der Vermittlung ausländischer Pfleger, der Vergabe von Gutachten und Werbeverträgen, beim Kauf von Bildschirmen für die Patientenzimmer. Fastenmeiers Gattin soll, ohne Ausschreibung, den Klinik-Kiosk übernommen haben.
Der Rechtsanwalt des Ex-Geschäftsführers hatte zuletzt in einer E-Mail an die SZ betont, sein Mandant sei im "verfahrensfördernden und konstruktiven Kontakt mit der Staatsanwaltschaft". Das war noch vor der jüngsten Ausweitung der Ermittlungen. Am Dienstag teilte die Kanzlei auf Anfrage mit: Die Anordnung der Untersuchungshaft sei "nicht nachvollziehbar".
Inzwischen verfolgen Ermittlungsbehörden ein Bündel an Verdachtsfällen
Das skandalgeplagte Ingolstadt kommt wohl nicht zur Ruhe. Ausgedehnt wurden die Ermittlungen unlängst auch gegen den Alt-Oberbürgermeister Alfred Lehmann. Der CSU-Politiker galt wegen großartiger Wirtschaftsdaten der Stadt einst als "Ranking-König", bei seinem Abschied aus dem Amt 2014 nannte ihn Ministerpräsident Horst Seehofer "einen der besten Oberbürgermeister, den Bayern aufzubieten hat".
Inzwischen verfolgen Ermittlungsbehörden ein Bündel an Verdachtsfällen, unter anderem wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme: Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt prüft den Erwerb einer Wohnung auf dem Areal des alten Klinikums durch Lehmann, das noble Objekt war unter seiner Ägide entstanden; die Staatsanwaltschaft München betreut die Headhunter-Affäre - als Alt-OB und Stadtrat heuerte Lehmann bei einem Personalvermittler an, der in der Folge für Stadt und Klinikum tätig war und etwa einen ärztlichen Direktor fand; die Landesanwaltschaft hat ein Disziplinarverfahren eingeleitet, es geht um die Pensionsansprüche; seit kurzem widmet sich die Ingolstädter Behörde einem Deal auf dem Gelände der alten Pionierkaserne. Dortige Flächen hatte die städtische Wirtschaftsfördergesellschaft IFG, deren Verwaltungsrat Lehmann vorsaß, vor Jahren an einen Bauunternehmer aus dem Kreis Eichstätt verkauft.
An diesem Mittwoch kommt der Stadtrat zusammen
Lehmann hat danach, als OB, zwölf Kleinappartements des Areals von dem Unternehmer erworben. Dies geht laut Donaukurier aus dem Grundbuch hervor. Laut der Zeitung betrug der Kaufpreis der zwölf Einheiten, nicht saniert, nur 170 000 Euro. In IFG-Kreisen wundert man sich nicht nur darüber, dass Lehmann als Privatperson Teile des Geländes günstig zurückkaufte, das er als Amtsträger verkaufte; sondern auch, dass die IFG den Verkauf der Flächen an das Bauunternehmen bewilligt habe, letztlich aber der Unternehmer als Privatmann Käufer gewesen sein soll.
An diesem Mittwoch kommt der Stadtrat zusammen, zuletzt hatte sich der politische Streit über die Skandale beruhigt. Über Monate stellte ein oppositionelles Bündnis aus SPD, Grünen, Bürgergemeinschaft und meist ÖDP Fragenkataloge an die Stadt. Man witterte eine "Filzokratie" und aktuelle politische Verquickungen, da Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) als politischer Ziehsohn seines Vorgängers gilt. Auch hatten OB und Alt-OB - laut Lösel als "völlig korrekte, private Altersvorsorge" - in ein Industrieprojekt in Neuburg an der Donau investiert, zusammen mit einem weiteren Bauunternehmer. Bei der Firma hatte Lehmann als Alt-OB ebenfalls einen Beratervertrag. Vorwürfe gegen Lösel erhärteten sich nicht, der OB gab die Geldanlage dennoch auf.