Kornkreis gibt Rätsel auf:Außerirdische im Weizenfeld

Die Bewohner des Planeten Sirius A wollten angeblich bei Andechs das deutschsprachige Volk aufrütteln. Ein Kornkreis beschäftigt esoterisch angehauchte Bürger sowie Neugierige - und verärgert den Landwirt, dessen Feld niedergetrampelt wurde.

Johannes Süssmann

Mit geschlossenen Augen hockt Gaby Teroerde im Andechser Weizenfeld. Ihre Gesichtszüge wirken ruhig und konzentriert. Grillen zirpen. Dann durchzuckt es sie. Teroerde nickt mit dem Kopf, wie einst die bezaubernde Jeannie aus der US-Fernsehserie. Sie schlägt die Augen auf: Verbindung hergestellt.

Kornkreis gibt Rätsel auf: Der Kornkreis in Frieding gibt Rätsel auf. Nur Esoteriker scheinen sicher zu wissen, woher das Symbol kommt: Außerirdische waren da!

Der Kornkreis in Frieding gibt Rätsel auf. Nur Esoteriker scheinen sicher zu wissen, woher das Symbol kommt: Außerirdische waren da!

(Foto: Das Gupta / oh)

In den folgenden 20 Minuten empfängt das blonde Medium die Botschaft fremder Wesen, die uns Erdlingen offenbar wohl gesonnen sind. In abgehackter Computersprache übermittelt sie, wie ferngesteuert, den dramatischen Appell der Bewohner des Planeten Sirius A. Er lautet: "Werdet endlich aktiv!" Man wolle dieses - das deutschsprachige - Volk aufwecken, aufrütteln, in Gang bringen. "Wir helfen, wo wir können", beteuern die Sirianer durch den Mund des Mediums, "energetisch, schützend und belehrend". Die Rettung scheint ganz nah.

Auf bayerischen Boden gelangte die Botschaft vor einer guten Woche, das Video der Kontaktaufnahme ist im Internet zu sehen. Schon am 29. Juli hatte ein Ballonfahrer den Kornkreis entdeckt. Mit seinen zwölf harmonisch angeordneten Zacken im Inneren wirkte er wie mit dem Zirkel gezogen. Inzwischen ist das Feld bei Andechs abgeerntet - mit Hilfe der Polizei.

Hunderte Schaulustige und Esoteriker waren nach der Entdeckung durchs Getreide getrampelt. Bauer Georg Zerhoch entstand laut einem Gutachten ein Schaden von 1760 Euro. "Manche schienen völlig weggetreten", sagt er über seine spirituellen Besucher. Rücksichtslos hätten sie wertvolles Brotgetreide zerstört. Zerhoch hat 500 Euro Belohnung ausgesetzt für denjenigen, der den oder die Täter ausfindig macht.

Nachtaktive Geometrie-Fetischisten oder Aliens?

Was schwierig werden könnte. Außer ihrem Kornkreis haben dessen Schöpfer keinerlei Spuren auf der Erde hinterlassen. Waren es nachtaktive Geometrie-Fetischisten, die nur einen bayerischen Weizenbauern ärgern wollten? Oder ist das phantastische Gebilde tatsächlich das Tor zu einer lichtvolleren Welt, wie es die esoterische Bodenstation Gaby Teroerde von den Sirianern empfangen haben will? Oder gibt es noch eine andere Erklärung?

Andreas Müller, Grafikdesigner von Beruf, ist seit bald 20 Jahren Beobachter der Kornkreisszene und will nichts von all dem ausschließen. Dabei bemüht sich der 36-jährige Saarländer durchaus um eine wissenschaftliche und historisch fundierte Annäherung an das Thema. Er selbst meditiert nicht im Kornkreis. Müller doziert: "Schon in Märchen und Legenden aus dem 16. Jahrhundert finden sich Beschreibungen, die bis ins Detail verblüffende Parallelen zu den heutigen Kornkreisen aufweisen."

Kornkreise sind keine Glaubensfrage

Und auch heute seien die Kornkreise, die sich gleichermaßen in Skandinavien, Asien, Amerika und Europa fänden, ja keine Frage des Glaubens. "Sie sind Teil unserer realen Welt und physisch für jeden erfahrbar." Doch auch für ihn bleibt ihre Entstehung noch nach Jahren rätselhaft. Augenzeugen berichteten ihm von Windschläuchen und schwebenden Lichtkugeln, unter denen die Kreise in Sekundenschnelle und wie von Geisterhand entstanden seien. Etwa 10.000 Kornkreise seien weltweit dokumentiert, sagt Müller, 40 davon in Bayern.

Kornkreis gibt Rätsel auf: Platt getrampelt: Bauer Georg Zerhoch entstand laut einem Gutachten ein Schaden von 1760 Euro.

Platt getrampelt: Bauer Georg Zerhoch entstand laut einem Gutachten ein Schaden von 1760 Euro.

(Foto: Das Gupta / oh)

Besonders rund um den Starnberger See seien sie in den letzten Jahren immer wieder aufgetaucht - was Skeptiker auch auf besonders aktive, irdische Kornkreismacher zurückführen könnten. Allerdings hat sich in den 80er Jahren auch die Wissenschaft des Phänomens angenommen. Bisher seien etwa 200 Kornkreise genau analysiert worden, weiß Müller: US-amerikanische Forscher stellten in Labors immer wieder "geologische Anomalien" fest, beobachteten Spuren starker Hitzeentwicklung, Auswirkungen "sehr hohen Drucks" oder Veränderungen an der biologischen Struktur der Pflanzen. Woher diese kamen, sei unklar geblieben. Einiges habe darauf hingedeutet, dass da "Energien ähnlich der einer Mikrowelle" beteiligt gewesen seien, sagt Müller. "Da sagen dann die Skeptiker, gut, dann ist da eben einer mit der Mikrowelle herumgelaufen."

Auch Kornkreis-Fälscher stoßen an ihre Grenzen

Auch er hat schon oft Fälscher auf frischer Tat ertappt. "Die sind dann meistens mit Walzen oder Brettern unterwegs, sagen aber selbst, dass sie für einen Kornkreis mit 50 Metern Durchmesser sechs bis sieben Stunden brauchen." Irgendwann stoße man da an Grenzen, sowohl bei der geometrischen Komplexität der Gebilde, als auch bei ihrer schieren Größe: "Ein englischer Kornkreis brachte es einmal auf eine Fläche von 50.000 Quadratmetern und bestand aus 409 Einzelkreisen", sagt Müller. Da werde es auch für den versiertesten Kornkreismacher schwierig.

Müllers Fazit: "Ich kann mit meiner wissenschaftlichen Herangehensweise nach wie vor nicht sagen, was die Kornkreise verursacht." In Andechs war er zwar, kam für eine Analyse aber zu spät. Das müsse in den ersten Stunden nach der Entdeckung geschehen, auch wegen der Schaulustigen. Dennoch habe ihm der Kreis sehr gut gefallen. Wer ihn schuf, das bleibt trotz der 500 Euro Belohnung unklar. Es herrscht wieder Funkstille in Andechs. Die Sirianer schweigen. Wie lautete doch gleich die Botschaft von Sirius A, die von Gaby Teroerde überbracht wurde? "Ihr sollt den Kopf nicht länger in den Sand stecken."

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