Kontrolle von Lebensmitteln:Im Inneren der Wurst

Im Labor des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim, 2012

Was genau ist eigentlich im Leberkäs? In Laboren untersuchen Chemiker, was in Fleischprodukten enthalten ist.

(Foto: Florian Peljak)

Wildgulasch, Pistazien oder Wurst werden zu Brei - in diesem Zustand können Chemiker herausfinden, ob nur das in den Lebensmitteln steckt, was auch wirklich hinein gehört. Die Analyse zeigt außerdem, ob sich ein Metzgerlehrling die Hände gewaschen hat. Ein Besuch in einem Labor.

Von Franziska Gerlach

Als sie vor einigen Tagen im Labor Dr. Böhm ankamen, waren sie noch Pistazien, Schokoriegel und Wildgulasch. Nun unterscheiden sich die trüben Flüssigkeiten, die in einem Dutzend Glaskolben vor sich hinschlummern, kaum mehr voneinander - zumindest äußerlich. In ihrer Zusammensetzung, so dürfte die Analyse ihrer Inhaltsstoffe schon bald ergeben, sind sie indes grundverschieden.

Zu diesem oder anderen Untersuchungszwecken nimmt das Lebensmittellabor an manchen Tagen bis zu 200 Proben entgegen. Ein allgemeingültiger Untersuchungsweg existiert aber nicht. "Die jeweiligen Arbeitsschritte und Vorgehensweisen unterscheiden sich je nach Lebensmittel", sagt Andreas Böhm. Immer gleich, so der Lebensmittelchemiker und Leiter des Familienbetriebs in dritter Generation, erfolge lediglich die Annahme der Lebensmittel.

Will heißen: Um Verwechslungen auszuschließen, wird eingangs jede Probe mit einer Kennnummer versehen. Unter dieser Ziffer gelangt sie in die auf ihre Lebensmittelgruppe spezialisierte Abteilung. Wie Böhm erklärt, werde die Probe dort zum einen im EDV-System angelegt, zum anderen aber auch die Aufgaben für das zuständige Labor formuliert. Fünf Lebensmittelchemiker weisen Pflanzenschutzmittelrückstände in Obst nach, dröseln Nährwertketten von Fertiggerichten auf, überprüfen, ob Ravioli am Ende Dinge enthalten, die sie besser nicht enthalten sollten - je nachdem, mit welcher Fragestellung das Labor vom Kunden beauftragt wurde.

Das Lebensmittellabor in Moosach führt Qualitätskontrollen für Vertragskunden ebenso aus wie Einzelaufträge. "Auch der Metzger, der seinem Lehrling auf die Finger schauen will, kann uns selbstverständlich einige Scheiben Gelbwurst schicken", so Böhm. Zweierlei könnten die Nachforschungen belegen: Die Bestimmung der Keimzahl mittels einer mikrobiologischen Analyse zeige, ob sich der Auszubildende die Hände gründlich gewaschen hat, scherzt Böhm. Die chemische Analyse hingegen beweise, ob der angehende Metzger womöglich gepanscht hat.

Reines Muskelfleisch oder bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß?

Laut deutschem Lebensmittelrecht darf der "Beffe-Gehalt" (bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß) bei Gelbwurst nicht unter acht Prozent liegen. Der Wert bildet den Anteil des reinen Muskelfleisches ab und ist somit ausschlaggebend für die Qualität von Fleischwaren. Bis das Labor dem Kunden den einwandfreien oder mangelhaften Zustand seines Produktes bescheinigen kann, sind allerdings einige Arbeitsschritte notwendig. Zuallererst muss die Gelbwurst homogenisiert werden, das heißt: Die aus mehreren Zutaten bestehende Wurst wird in einem Mixer zu einem Brei verarbeitet, damit sich deren Bestandteile mischen.

Ein bis zwei Gramm dieses Wurst-Breis treten anschließend die Reise ins Labor für Wurstwaren an. Dort wimmelt es von Reagenzgläsern, Röhrchen und anderen Instrumenten. Ein optisch besonders spektakuläres Gerät nennt sich Kjeltec Analyzer. Nachdem die Eiweiß-Struktur der Gelbwurst durch Zugabe von Säure aufgebrochen worden sei, berechne der Apparat den für die Ermittlung des Beffe-Wertes erforderlichen Eiweißgehalt, so Böhm.

Zwei bis fünf Tage lagern die in Nährlösungen angesetzten Lebensmittelproben in einem Brutschrank. "Über die Menge der Keime, die während dieser Zeit auf der Probe wachsen, lässt sich die ursprüngliche Keimzahl berechnen", sagt Böhm und schlägt den Bogen zur Gelbwurst. Wären in einem Milliliter Nährlösung etwa zehn Keime gediehen, ließe sich über das Ausgangsgemisch von einem Gramm Wurst in 100 Millilitern Nährlösung eine Keimzahl von 1000 ermitteln.

Dieses Resultat wäre aber völlig in Ordnung, meint Böhm gelassen. Bei einem stark erhöhten Wert sollte sich der Metzger allerdings überlegen, seine Hygienestandards zu verbessern.

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