Kommunalwahl:Landshut wählt einen neuen OB - und der wird es schwer haben

Kommunalwahl: Manche Landshuter werfen den Kandidaten vor, der Wahlkampf sei zu brav gewesen. Man muss aber wissen: Der Wahlsieger muss später auch die politischen Gegner hinter sich bringen und daher parteiübergreifend überzeugen.

Manche Landshuter werfen den Kandidaten vor, der Wahlkampf sei zu brav gewesen. Man muss aber wissen: Der Wahlsieger muss später auch die politischen Gegner hinter sich bringen und daher parteiübergreifend überzeugen.

(Foto: Robert Haas)
  • Vier Kandidaten treten an, es geht um die Nachfolge von Hans Rampf, der mit 67 Jahren nun zu alt ist, um noch zu kandidieren.
  • Regieren wird schwierig: Keiner der Kandidaten hat im Stadtrat eine Mehrheit hinter sich. Und die nächste Stadtratswahl findet erst in vier Jahren statt.
  • Probleme gibt es in Landshut genug: Schulden, Verkehrschaos, marode Schulen, kaum bezahlbare Wohnungen.

Von Andreas Glas, Landshut

Endlich, ein Moment der Ruhe. Seine Rede ist vorbei, Stefan Gruber hockt auf einem Fenstersims im Festsaal und hält eine Flasche Bier in der Hand. Auf der Leinwand leuchtet sein Wahlplakat mit dem Satz "Stefan kann's - Gruber auch". Auf dem Plakat ist Stefan Gruber gleich zweimal zu sehen. Links als lässiger Stefan, ohne Sakko, die Haare ein wenig verstrubbelt. Rechts daneben als adretter Herr Gruber, mit Sakko, die Haare akkurat gescheitelt.

Ach, das Wahlplakat, sagt Stefan Gruber und grinst sein bubenhaftes Grinsen. Er sei eben Banker "und dieser Job bringt einiges mit sich". Er meint die Vorurteile, die mancher gegen Bankmenschen hegt: schnöselig, unlocker, abgehoben. Diesem Banker-Image wollte er ein zweites Gesicht geben, deswegen das Wahlplakat. Vom Erfolg des doppelten Gruber ist der Banker überzeugt: "Das werde ich am Sonntag beweisen."

Zwei Stunden zuvor, Zeughaus-Saal Landshut. Es ist Mittwochabend, es ist Endspurt, der letzte offizielle Wahlkampftag. Stefan Gruber, 43, steht hinter dem Rednerpult und redet über seine drei großen Themen: Verkehr, Schule, Wohnen. Der Grünen-Politiker ist einer von vier Kandidaten, die sich am kommenden Sonntag zur Wahl stellen werden um das Amt des Landshuter Oberbürgermeisters.

Es geht um die Nachfolge von Hans Rampf (CSU), 67, der aus Altersgründen nicht mehr antreten darf. Und es geht um ein Amt, das kaum irgendwo anders mit so wenig Macht ausgestattet ist wie in Landshut. Der Grund: Keiner der vier Kandidaten hat im Stadtrat eine Mehrheit hinter sich. Weil die nächste Stadtratswahl erst in vier Jahren stattfindet, wird der nächste Landshuter Oberbürgermeister wohl eher ein Oberbürgermeisterchen sein.

Einen Favoriten gibt es trotzdem: CSU-Kandidat Helmut Radlmeier, Stadtrat und Landtagsabgeordneter. Bei einer Umfrage Anfang Juli sprachen sich etwa 49 Prozent der Landshuter für Radlmeier aus, für Grünen-Kandidat Stefan Gruber nur etwa 27 Prozent. Und trotzdem: Weil laut Umfrage mehr als die Hälfte der Wähler unentschlossen war, haben die Radlmeier-Konkurrenten durchaus eine Chance, den CSU-Kandidaten in eine Stichwahl zu zwingen. Und bei Stichwahlen hat es schon oft Überraschungen gegeben.

Fünf Autominuten vom Zeughaus-Saal entfernt hält am Mittwochabend auch FDP-Kandidat Alexander Putz sein Wahlkampf-Finale ab. Es ist kurz nach halb neun, im Hotel Landshuter Hof hat der sogenannte gemütliche Teil des Abends begonnen. Während Grünen-Kandidat Gruber eine Chanson-Sängerin für den Wahlkampfabschluss engagiert hat, macht Alexander Putz die Musik selbst. Er sitzt in der Wirtsstube, zwischen seinen Anhängern, und spielt auf der Gitarre: "The Girl from Ipanema". Danach steht er auf, geht rüber zum Tresen, bestellt eine Halbe Bier und schüttelt sein linkes Handgelenk, das vom Gitarrespielen schmerzt. Macht nix, halb so wild, sagt Putz und beginnt zu erzählen.

Zu brav, zu ähnlich, zu ideenlos?

Anders als Stadtrat Stefan Gruber, der in Landshut geboren und aufgewachsen ist und seit der Jugend politisch aktiv, ist Alexander Putz, 52, nicht nur politischer Quereinsteiger, sondern auch: Österreicher. Ihm Letzteres anzukreiden, sagt der Bauingenieur, "ist absurd". Er lebe seit 34 Jahren in Landshut. Seinen Status als politischer Anfänger hat Putz im Wahlkampf umso mehr betont.

Glaubt man ihm, war das die richtige Strategie: "Die Menschen finden es toll, wenn jemand einen gesunden Blick von außen hat." Dass er sich als Anti-Politiker geriert, damit hebt sich Putz von der Konkurrenz ab. Schon möglich, dass das einige Landshuter wohltuend finden. Wer sich in der Stadt umhört, der hört ja vor allem eines: Dass der Wahlkampf zu brav gewesen sei und die Kandidaten sich zu ähnlich, ohne eigene Themen.

Man muss wissen: Der Wahlsieger muss später auch die politischen Gegner hinter sich bringen, eben weil ihm die eigene Mehrheit im Stadtrat fehlt. Da ist es besser, im Wahlkampf nicht zu heftig auf die Konkurrenz einzuprügeln. "Man muss parteiübergreifend überzeugen", sagt auch Alexander Putz. Und die Themen? Die seien deshalb bei allen Kandidaten die gleichen, weil es nun mal die drängendsten Themen in Landshut sind: Verkehr, Wohnen, Schule. Die täglichen Staus in und um Landshut sind berüchtigt, die Schulen sind marode und an bezahlbaren Wohnungen mangelt es in Landshut genauso wie in allen größeren Städten in Bayern.

Wer die vier Kandidaten jedoch als austauschbar abstempelt, tut ihnen unrecht. Innerhalb der drei großen Themen gibt es durchaus Unterschiede. Während die Grünen und die SPD den Autoverkehr durch Aus- und Umbau der öffentlichen Verkehrswege entzerren wollen, setzen CSU und FDP viel mehr darauf, die Straßen zu sanieren und auszubauen. Und während Grüne und SPD eine kommunale Wohnbaugesellschaft fordern, wollen CSU und FDP private Investoren überzeugen, mehr und günstigere Wohnungen zu bauen.

Das Problem, keine bezahlbare Wohnung zu finden, sei in Landshut "auch in der Mittelschicht angekommen", sagt Patricia Steinberger, 45, die SPD-Kandidatin, die ihre letzte Wahlkampfrede am Mittwochabend in der Gaststätte Zollhaus hält. Im Wahlkampf habe sie 2000 Klingeln geputzt und dabei "Wohnungen gesehen, die den Namen Wohnungen nicht verdienen", erzählt Steinberger, während der Keyboarder im Hintergrund "Sierra Madre" spielt.

Eines steht fest: Der neue OB wird es nicht leicht haben, die notwendigen Investitionen bei Verkehr, Schule und Wohnen zu stemmen. Denn Landshut hat kaum Geld in der Stadtkasse, noch dazu hohe Schulden. Während Grünen-Kandidat Gruber ähnlich wie SPD-Bewerberin Steinberger findet, dass man "den Mut haben muss", neue Schulden zu machen, will FDP-Kandidat Putz mehr Touristen und Firmen in die Stadt holen, die das Geld für Investitionen mitbringen. Wer Schuld hat an den hohen Schulden und am Sanierungsstau, darin sind sich die Drei dagegen einig: Die CSU, die in Landshut seit 47 Jahren den Oberbürgermeister stellt. Dass sich mit Helmut Radlmeier am Sonntag erneut ein CSU-Anwärter durchsetzt, wollen seine drei Konkurrenten unbedingt verhindern.

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