Kommunalwahl 2014:Der König von Burghausen

Kommunalwahl 2014: Der Bürgermeister von Burghausen, Hans Steindl, wird noch sechs weitere Jahre bleiben.

Der Bürgermeister von Burghausen, Hans Steindl, wird noch sechs weitere Jahre bleiben.

(Foto: Imago Stock&People)

Niemand traut sich gegen ihn anzutreten: Hans Steindl ist seit 24 Jahren Bürgermeister in Burghausen und wird es noch weitere sechs Jahre bleiben. Ein Handel hat ihm die Macht gesichert - zumindest dieses Mal.

Von Heiner Effern

Die Wahl des Bürgermeisters von Burghausen ist schon entschieden. Amtsinhaber Hans Steindl (SPD) wird die Stadt auch in den kommenden Jahren regieren. Die Bürger, die am 16. März trotzdem noch zur Wahl gehen, können nur noch über eines abstimmen: ob sie ihren Bürgermeister glücklich machen - oder sehr glücklich. Wo das anfängt, weiß niemand so genau, aber mindestens 90 Prozent sollten es wohl schon sein. Schließlich erhielt Steindl 2008 schon 76,9 Prozent. Da hatte er aber noch einen Gegenkandidaten von der CSU. Diesmal tritt Steindl alleine an. In der 18 000-Einwohner-Stadt fand sich keiner, der ihn herausfordern wollte.

Seit 24 Jahren ist Steindl im Amt. Der 64-Jährige sieht sich längst über dem parteipolitischen Klein-Klein schwebend: "Ich bin ein Bürgermeister für alle Bürger. Man muss das überparteilich sehen." Seine letzte Wahl soll nun sein politisches Lebenswerk krönen. Um ganz sicher zu gehen, hat der Bürgermeister nachgeholfen und einen Handel abgeschlossen: Er verzichtete auf einen Platz auf der Stadtratsliste der SPD, dafür versprach die CSU, keinen Bürgermeisterkandidaten aufzustellen.

Ein Deal zum Machterhalt

Die CSU, deren ursprüngliche Kandidatin aus beruflichen Gründen abgesprungen war, stimmte dem Deal zu. Sie hätte ohnehin niemanden gefunden. "Steindl ist ewig im Amt. Es war keine Aussicht da für einen Gegenkandidaten. Es bestand eher die Gefahr, dass man einen verbrennt", sagt der CSU-Vorsitzende in Burghausen, Martin Lengfellner. Als Steindl mit seinem Vorschlag auf sie zugekommen sei, hätten sie "einfach den Mund gehalten". Die CSU-Kreisvorsitzende Ingrid Heckner findet den Handel nicht ungewöhnlich, so etwas gebe es allein in ihrem Heimatlandkreis Altötting viele Male. "Das war ein ganz guter Deal." Die Hoffnung der CSU ist klar: Bisher hatte die SPD mit der Bürgermeister-Stimme die absolute Mehrheit im Stadtrat. Ohne Steindl auf Platz eins der SPD-Liste "haben womöglich alle anderen Parteien den Vorteil, dass der SPD der Stimmenbringer fehlt", sagt Ortschef Lengfellner.

Die Burghauser SPD zeigte sich deshalb "verwundert" über Steindls Taktiererei. Mehr will der Ortsvorsitzende Franz Kammhuber nach vielen "Äh" und "Hm" nicht rauslassen, schließlich stecken seine Partei und er selbst als Landratskandidat im Kreis Altötting voll im Wahlkampf. Misstöne oder Kritik an Steindl sind da nicht ratsam. "Eine sensible Situation" sei es aber schon gewesen, als der Bürgermeister sein Vorgehen bekannt gemacht habe. Steindl selbst räumt ein, dass seine Parteifreunde "ganz schön geschluckt haben", als er ihnen den Handel mit der CSU erklärte. Für den Deal bei der SPD um Erlaubnis zu fragen, entspricht nicht seinem Selbstverständnis.

Nachfolger erst 2020

Er sagt aber, dass seine Partei auch ohne ihn die Mehrheit im Stadtrat erlangen könne. "Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die auf den vorderen Plätzen so schlagen." Schließlich wird für die Wahl 2020 ein Nachfolger für Steindl gesucht. Im Wahlkampf, so beobachtet CSU-Chef Lengfellner, sei trotz allem keine Spaltung zwischen Bürgermeister und SPD-Fraktion zu erkennen. "Der hängt sich voll rein", sagt er über Steindl. Und hat auch eine Erklärung, warum gegen den Amtsinhaber niemand ankommt. "Steindl ist das Synonym dafür, dass genug da ist. Es ist schwer zu sagen, das machen wir besser."

Diese Machtstellung gründet auch auf einem Reichtum, den die Chemieindustrie Burghausen seit Jahrzehnten beschert. Wie ein König kann hier der Bürgermeister das Geld verteilen, Steindl hat das immer geschickt getan. Kostenloser Kindergarten? 250 neue Wohnungen? Die Stadt gibt Millionen Euro aus. Der Fußballverein SV Wacker ist finanziell angeschlagen? Die Stadt kauft das Stadion. Eine Eisfläche zum Schlittschuhlaufen? Gratis vor dem Bürgerhaus. Das Kloster Raitenhaslach ist zu haben? Die Stadt ist da. "Von den Gratis-Parkplätzen spricht hier eh keiner mehr", sagt Steindl nach seiner Aufzählung.

Damit die Einnahmen weiter sprudeln, kommt die Stadt der Industrie bis an die Schmerzgrenze entgegen. Das war immer Steindls Credo. Im Sommer geht ein neues Güterterminal in Betrieb, das 30 Millionen Euro kostet. 70 Prozent davon zahlt die Kommune. Der Standort liegt im streng geschützten Bannwald. Steindl hat das durchgesetzt. Sogar für eine Erweiterung des Gewerbegebietes ist schon gesorgt. Solange die chemische Industrie prosperiert, geht es den Burghausern gut. Und auch dem Bürgermeister Steindl.

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