Kommunalpolitik:Landshut blamiert sich mit dem Streit um Fritz Koenigs Erbe

Oberbürgermeister Landshut

Als politischer Quereinsteiger beendete Alexander Putz die jahrzehntelange CSU-Herrschaft im Landshuter Rathaus.

(Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Landshuts Oberbürgermeister Putz scheint mit dem künstlerischen Welterbe von Fritz Koenig überfordert.
  • Putz ist Chef der Koenig-Stiftung, die den Besitz des weltberühmten Künstlers verwaltet.
  • Die neueste Kritik kommt vom Direktor der Uffizien in Florenz, wo im Sommer eine Koenig-Retrospektive geplant ist.

Von Andreas Glas, Landshut

Im Frühjahr 2017 hat Alexander Putz beim Promikochen mitgemacht, im Lokalfernsehen. Er hat Salzburger Nockerln gebacken. Eine Mehlspeise, die aus pudergezuckerten Teighügeln besteht, die die massiven Salzburger Hausberge symbolisieren. Die Kunst ist, dass die Hügel nicht in sich zusammenfallen, wenn man die Nockerln aus dem Ofen holt. Falls doch, sagte Putz, sei das aber "nicht so tragisch", dann sähen die Nockerln halt aus wie die flachere, niederbayerische Landschaft, ist auch schön. "Angeblich ist es kompliziert", sagte Putz. Aber am Ende bekam er die Nockerln gut hin. "War gar nicht schlimm", sagte der Oberbürgermeister.

Fast ein Jahr später läuft Putz erneut Gefahr, dass etwas Großes in sich zusammenfällt. Nur sieht es diesmal so aus, als ob der FDP-Politiker scheitert und ein künstlerisches Welterbe im Flachland der niederbayerischen Provinz versenkt. Es geht, natürlich, ums Erbe des Landshuter Bildhauers Fritz Koenig, der vor einem Jahr starb. Kurz danach ließ sich Putz zum Chef der Koenig-Stiftung wählen, die den Besitz des Künstlers verwaltet. Seither mache der OB "keine gute Figur", sagt SPD-Rathausfraktionschefin Anja König. Und das ist noch einer der netteren Kommentare, die man derzeit in Landshut über Putz hört.

Sie sei "entsetzt" über den Umgang mit dem Koenig-Erbe, sagt Irmtraud Scheiwe, Lebensgefährtin des gestorbenen Künstlers. Der OB habe das Erbe "nicht im Griff", sagt der Landshuter CSU-Kreischef Thomas Haslinger. Die neueste Kritik kommt aus Florenz, von Eike Schmidt, dem Direktor der Uffizien, dieses weltberühmten Museums, das im Sommer eine Koenig-Retrospektive plant. Eine gewaltige Chance für Landshut, sich international als Kunststadt zu profilieren. Doch nun sieht es aus, als würde sich Landshut gewaltig blamieren. Im Brief an OB Putz äußert Uffizien-Direktor Schmidt jetzt sogar den Verdacht, die Stadt wolle die Koenig-Ausstellung in Florenz sabotieren. An Putz schreibt er, "dass ich Sie hier dringend um Intervention bitten muss".

SPD-Stadträtin Maria Haucke findet, der OB habe "den ganzen Schlamassel erst provoziert", weil er das Koenig-Skulpturenmuseum nach dessen Tod in die Städtischen Museen integrieren ließ und damit unter die Führung des Museen-Direktors Franz Niehoff stellte - "wohl wissend, dass Fritz Koenig mit Nachdruck es keinesfalls wollte", schrieb dessen Lebensgefährtin kürzlich in einem Leserbrief in der Landshuter Zeitung. Zwischen Niehoff und Koenig bestand offenbar eine ähnlich große Abneigung wie zwischen Niehoff und Stefanje Weinmayr, der Leiterin des Skulpturenmuseums, die OB Putz formal entmachtete, als er jenes Museum unter das Dach der Städtischen Museen räumte.

Weil außer der Stadt Landshut alle Leihgeber die Uffizien-Verträge längst unterschrieben haben, glauben einige Beobachter, dass Niehoff die Ausstellung in Florenz blockiere, um seiner Intimfeindin Weinmayr die Schuld für die Blockade zuschieben zu können. Nicht nur Grüne-Fraktionschef Stefan Gruber spricht von "Mobbing". Und aus der Koenig-Stiftung heißt es, Niehoff nutze jede Gelegenheit, die angeblich unsachgemäße Arbeit Weinmayrs im Zusammenhang mit der Florenz-Ausstellung vorzuführen. Sie wolle nichts unterstellen, sagt Stadträtin Haucke, aber "wenn ich so eine Chance kriege, dürfen primitive Rachegefühle keine Rolle spielen".

Dass Putz unter Beschuss gerät ist neu

Scheitert die Retrospektive in Florenz an Eitelkeiten? Die Stadt dürfe "aus einem Schatz keinen Misthaufen machen", sagt Haucke. Der OB müsse "endlich Klartext sprechen und in seinem Haus für Ordnung sorgen". Er müsse entweder die Chef-Personalie Niehoff rückgängig machen oder dafür sorgen, dass die Uffizien-Verträge unterschrieben werden. Man müsse "jetzt ein bisschen mehr den Chef spüren".

Dass Putz derart unter Beschuss gerät, ist neu. Bisher ging es für ihn nur steil nach oben. Als politischer Quereinsteiger hatte der FDP-Mann Ende 2016 sensationell die OB-Wahl gewonnen und die jahrzehntelange CSU-Herrschaft im Rathaus beendet. Seither hat er sich nicht nur selbst sehr oft für seine Arbeit gelobt, auch politische Gegner zollten ihm Respekt. Die Vorbehalte, dass Putz für die OB-Rolle zu unerfahren sei, waren zuletzt verstummt. Nun kehren sie mit doppelter Wucht zurück. "Vielleicht ist er doch noch so neu, dass er sich alleine noch nicht zurechtfindet", sagt SPD-Stadträtin Haucke.

Und CSU-Kreischef Haslinger sagt, dass es zwar gut tun könne, wenn einer von außerhalb der Politik frischen Wind bringe. "Aber jetzt zeigt sich, dass Politik mehr ist als die Führung eines Unternehmens." Er spielt damit auf Putz' Vorleben als selbständiger Bauingenieur an. "Politik ist komplexer. Das hat er vielleicht unterschätzt." Der OB wiederum scheint sich gar nicht verantwortlich zu fühlen für die Uffizien-Posse. Dass es so lang dauere, liege voll in der Verantwortung des von Stefanje Weinmayr geführten Skulpturenmuseums, zitiert ihn die Landshuter Zeitung.

Jeder kritisiert jeden

Zudem soll Niehoff den Uffizien "Unprofessionalität" unterstellt und Stadtdirektor Andreas Bohmeyer gesagt haben, dass unklar sei, wer die Ausstellung zahle. Falsch, kontert Uffizien-Chef Schmidt in seinem Brief, alles "Verleumdungen". Er habe mit Putz "persönlich vereinbart", dass sein Museum die Kosten trage. Für Nachfragen dazu war Putz am Dienstag nicht erreichbar.

In dem Brief kritisiert Schmidt auch Museen-Chef Niehoff, der Fritz Koenig neulich den "bedeutendsten Künstler Niederbayerns im 20. Jahrhundert" nannte. Es dürfte "in der internationalen Museumslandschaft einmalig sein, dass ein Direktor den Hauptkünstler seines Museums zu einer lokalen Größe herabwertet", schreibt Schmidt. Das ist es auch, was viele Landshuter fürchten, falls die Uffizien-Ausstellung platzt: dass ihre Stadt wegen einer Provinzposse zur Lachnummer verkommt.

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