Kommentar:Schluss mit dem Kuddelmuddel

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Der Gammelfleischskandal ist jetzt zehn Jahre her, und trotzdem hat sich niemand getraut, den Verbraucherschutz zu reformieren. Der Fall Bayern-Ei zeigt: So kann es nicht weitergehen

Von Christian Sebald

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hat recht. Das Kuddelmuddel bei der Lebensmittelüberwachung muss aufhören, sie muss auf zwei zentrale Behörden konzentriert werden - eine zuständig für Südbayern, die andere für Nordbayern. Sonst ist der nächste Lebensmittelskandal à la Bayern-Ei einzig eine Frage der Zeit. Das Nebeneinanderher der 71 Landratsämter, der sieben Bezirksregierungen, des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzministeriums ist nicht nur antiquiert, ineffizient und teuer. Es ist gefährlich für Leib und Leben von uns allen. Das ist das Ergebnis des 178 Seiten starken Berichts zur Lebensmittelüberwachung in Bayern, den der ORH für die Staatsregierung angefertigt hat.

Das Deprimierende an dem Bericht ist, dass weder die Lebensmittelüberwacher noch die Landräte und schon gar nicht die Politiker sagen können, sie hätten es nicht gewusst. Spätestens seit den Gammelfleischskandalen im Jahr 2006 sind all die Defizite der Lebensmittelüberwachung bekannt. Und schon damals haben zahlreiche Experten gesagt, die einzige Lösung dieser Defizite sei die Schaffung einer oder mehrerer zentraler Kontrollbehörden.

Vor zehn Jahren hat sich keiner an diese Aufgabe herangetraut - zu massiv war der Widerstand der Beamten und der Landräte, die kein Quäntchen Zuständigkeit abgeben wollten. Auch bei den Politikern wagte niemand so eine Reform, der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber genauso wenig wie sein Verbraucherminister Werner Schnappauf. Sie dürften - wie auch der damalige Bundesverbraucherminister Horst Seehofer - sehr genau gewusst haben, dass sie sich damit nur jede Menge Ärger einhandeln würden. Um den zu vermeiden, setzten sie auf kosmetische Korrekturen. Ansonsten wiederholten sie nur, dass man auch in der Lebensmittelbranche vor Kriminellen nie hundertprozentig sicher sein kann.

Schon deshalb hat der ORH-Bericht ein Gutes: Er macht ein für allemal klar, dass diese Ausrede nicht mehr gilt.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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