Kommentar:Endloses Gewürge

Zwölf Jahre nach seiner überstürzten Einführung ist das achtjähriger Gymnasium grandios gescheitert. Doch anstatt das zuzugeben, führt die CSU seltsame Wahl-Flexi-Modelle ein, um das eigene Versagen zu kaschieren. Dabei könnte die Staatsregierung doch einfach zum G9 zurückkehren

Von Sebastian Beck

Aus Sicht von Eltern, Lehrern und Schülern ist die Diskussion ums bayerische Gymnasium nur noch zum Haare raufen. Zwölf Jahre nach seiner Einführung durch Edmund Stoiber hat sich bei fast allen Beteiligten die Erkenntnis durchgesetzt, dass das G 8 ein spektakulärer Misserfolg ist. Die Abiturienten sind oft noch zu jung fürs Studium, Persönlichkeitsbildung und wichtige Lehrinhalte wurden zugunsten der schnellen Marktreife zusammengestrichen - das sind nur einige der Kritikpunkte. Auch die CSU hat das längst gemerkt, doch zugeben will sie es nicht. Die Staatsregierung räumt einen Fehler ein? Unmöglich. Deshalb hat sie erst das geradezu grotesk komplizierte Modell der Mittelstufe Plus erfunden, das in Zukunft durch eine ebenso untaugliche Wahlfreiheit der Schulen zwischen G 8 und G 9 ersetzt werden soll.

Die Junge Union hat nun vorgeschlagen, auch in Bayern flächendeckend zum G 9 zurückzukehren. Das wäre eine Lösung, die sich aus Sicht der Staatsregierung wahrscheinlich zu einfach und zu plausibel anhört. Schulminister Ludwig Spaenle sagte dazu, er nehme "den Beschluss der jungen Leute sehr ernst". Was er eigentlich will, außer weiter Schulminister bleiben, das ist auch bald neun Jahre nach seinem Amtsantritt nur schwer zu erkennen. Sein endloses Gewürge in der Schulpolitik ist umso peinlicher, weil es hier um eine Kernzuständigkeit des Freistaats geht. Dafür kann man ausnahmsweise nicht die EU in Brüssel oder Gesamtschul-Sozialisten in Berlin verantwortlich machen. Das bayerische Gymnasium wurde ausschließlich von der CSU vermurkst.

Es ist dringend an der Zeit, dass Bayern endlich wieder ein einheitliches G 9 einführt, und zwar schlicht deshalb, weil es besser funktioniert als all die seltsamen Wahl-Flexi-Modelle, mit denen nur das eigene Versagen kaschiert werden soll. Ein Land, das sich dauernd mit der Schuldentilgung brüstet, sollte in seine Leistungsträger von morgen investieren und ihnen ein Jahr mehr Zeit zum Lernen und Reifen spendieren.

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