Kommentar:Eine Bazille im Bauernparadies

Agrarminister Brunner sollte so ehrlich sein und endlich offen aussprechen, dass auch in der bayerischen Landwirtschaft längst industrielle Großbetriebe das Sagen haben

Von Christian Sebald

Die Marke Bayern steht für Qualität, Natürlichkeit, Werteorientierung, Innovation, Heimat und Genuss", hat Agrarminister Helmut Brunner unlängst wieder einmal frohlockt. Diese Kriterien müssten auch künftig erfüllt werden, sagte Brunner weiter, "denn der Verbraucher will Genuss mit gutem Gewissen für Tiere, Umwelt und Heimat". Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus als die penetrante Propaganda vom Bauern- und Kuhparadies: Auch in der bayerischen Landwirtschaft haben längst industrielle Großbetriebe das Sagen.

Und zwar nicht nur in der Geflügelhaltung, wie jetzt einmal mehr der europaweite Salmonellen-Ausbruch mit Hunderten Erkrankten und zwei Toten zeigt. Er hat seinen Ursprung mitten in der ach so heilen Brunner-Welt, in der niederbayerischen Firma Bayern-Ei . Auch Schweine und Rinder werden in immer größeren Ställen gehalten. Und natürlich bewirtschaften auch die Ackerbauern immer größere Felder. Minister Brunner sollte zumindest so ehrlich sein, das offen auszusprechen.

Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass zumindest die Überwachung der industriellen Großbetriebe funktioniert. Das tut sie offenkundig nicht, wie der Fall Bayern-Ei zeigt. Schon vor fast zehn Jahren hatte der damalige Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) nach etlichen Gammelfleischskandalen die Lebensmittelüberwachung neu organisiert. Die Kontrollen wurden zentralisiert, es gab mehr Personal, und man installierte eine Datenbank für alle Auffälligkeiten und Kontrollergebnisse. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bildete eine landesweit operierende "Task Force" aus Chemikern, Tierärzten und anderen Spezialisten.

Bei Bayern-Ei hat dieses System offenkundig versagt, egal zu welchen Ergebnissen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Regensburg kommen. Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf muss dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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