Kommentar:Ein Gesetz, das Misstrauen weckt

Die CSU sollte ihre Sozialpolitiker ausnahmsweise einmal ernst nehmen

Von Dietrich Mittler

Patienten suchen ärztliche Hilfe dort auf, wo sie Vertrauen zu den Therapeuten haben. Für jene mit körperlichen Beschwerden lässt sich sagen: Das Bayerische Krankenhausgesetz hat durchaus dazu beigetragen, das Patientenvertrauen in Bayerns Kliniken zu stärken. Gilt das auch für das nun geplante Hilfe-Gesetz für psychisch Kranke? Die Antwort lautet: Nein.

Psychiatrie-Erfahrene sind entsetzt über die Inhalte des vorliegenden Gesetzentwurfs, Psychiater, Wohlfahrtsverbände sowie Bezirke nicht minder. Auch der Datenschutzbeauftragte hat in seiner Stellungnahme "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken" vorgetragen.

Wie erklärt sich der Protest? Letztlich daraus, dass die mit Sicherheit und Ordnung befassten Ministerien starken Einfluss auf das geplante Patienten-Hilfe-Gesetz nehmen - so etwa sollen sensible Patientendaten für Behörden zugänglich sein, fünf Jahre lang, wenn sich der Law-and-Order-Flügel der CSU durchsetzt. Psychisch Kranke sehen sich dadurch in die Nähe von Straftätern gerückt. Der soziale Flügel, darunter die neue Sozialministerin Kerstin Schreyer, plädiert für ein Gesetz, das Vertrauen schafft.

Das weckt Erinnerungen: 2009 bremste Innenminister Joachim Herrmann die frühere Sozialministerin Christine Haderthauer aus, als diese eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber forderte. 2015 kamen die vielen Flüchtlinge, doch dann fehlten Unterbringungsplätze. Beim Hilfe-Gesetz für psychisch Kranke sollen berechtigte Bedenken und Anregungen abermals vom Tisch gewischt werden. In der Staatsregierung und der CSU ist es an der Zeit, die Sozialpolitiker endlich einmal ernst zu nehmen.

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