Kokablätter im Unterricht:Gericht spricht Lehrer frei

  • Die beiden Lehrer, die im Unterricht Kokablätter verteilen ließen, sind freigesprochen.
  • Das Landgericht Memmingen bestätigte den Freispruch, der zuvor auch vom Amtsgericht Neu-Ulm gefällt worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Berufung eingelegt.
  • Zahlreiche Zuschauer beim Prozess, darunter auch einige Eltern der betroffenen Schüler, reagierten mit Applaus auf das Urteil.

Was im Unterricht passierte

Im November 2012 hatten die beiden Lehrer einer Mittelschule in Weißenhorn eine Peruanerin in den Erdkundeunterricht eingeladen. Sie sollte den Schülern über Gebräuche und Sitten in ihrer Heimat erzählen. Die Frau, die an der Schule als Putzfrau arbeitet, sprach in Landestracht vor zwei Klassen und zeigte unter anderem Schmuck, Textilien, Musik und Tänze aus Peru.

Außerdem brachte sie getrocknete Kokablätter als Anschauungsmaterial mit. Einige Schüler kauten darauf herum, andere nahmen sie mit nach Hause. "Ein paar haben die Blätter genommen, darauf gekaut und wieder ausgespuckt", schilderte ein heute 15-jähriger Schüler vor Gericht. "Es hat bitter geschmeckt", sagte ein 14-jähriger Klassenkamerad. Gesundheitsbeschwerden habe es später nicht gegeben.

Die Blätter des Koka-Strauchs gelten in Südamerika als Heilmittel. Da sie der Grundstoff für Kokain sind, sind die Blätter aber in Deutschland verboten.

Wie es zur Anklage kam

Die Staatsanwaltschaft hatte die Lehrer - einen Mann und eine Frau - der Beihilfe zur unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angeklagt.

In dem ersten Verfahren waren die Lehrkräfte vom Amtsgericht in Neu-Ulm freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt, weil in dem ersten Prozess keine Schüler als Zeugen gehört wurden.

Die Peruanerin wurde jedoch bereits vor dem Berufungsprozess rechtskräftig verurteilt. Sie erhielt eine Geldstrafe zur Bewährung.

Lehrer weisen Schuld von sich

Auch im Berufungsprozess wiesen der 45-jährige und die 61-jährige Pädagogin jede Schuld von sich. "Mir war nicht bewusst, dass da ein Unrecht geschieht", sagte Lehrerin. Der Staatsanwalt warf beiden in seinem Schlussvortrag "Blauäugigkeit" vor und forderte hohe Geldstrafen zur Bewährung.

Die Peruanerin, die als Zeugin geladen war, sah die Schuld bei den Angeklagten. "Die Lehrer hätten mir sagen müssen, dass ich das den Schülern nicht zeigen durfte", sagte sie unter Tränen. Weder sie noch die beiden Lehrer wollen gesehen haben, dass einige Kinder die Blätter in den Mund genommen oder eingesteckt haben. "Wenn ein Schüler etwas mitnimmt, das bekommt man nicht mit", so die Lehrerin.

Die Urteilsbegründung

Das Landgericht Memmingen erkannte jedoch keinen Vorsatz und bestätigte den Freispruch aus erster Instanz. Den Lehrern sei nicht klar gewesen, dass die Peruanerin eine strafbare Tat begeht, sagte der Richter in seiner Begründung. "Wenn sie gewusst hätten, es geschieht hier etwas Rechtswidriges, hätten sie sicher etwas getan."

Zahlreiche Zuschauer im Landgericht Memmingen - darunter auch Eltern von den betroffenen Schülern - reagierten auf das Urteil mit Applaus.

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