Kloster Ettal:Pater gesteht Missbrauch

Kloster Ettal, 2013

In diesem Kloster in Ettal missbrauchte Pater Georg mehrere Jungen, die er im Internat als Präfekt betreute.

(Foto: Johannes Simon)
  • Ein wegen sexuellen Missbrauchs angeklagter Pater des Klosters Ettal hat überraschend ein Geständnis abgelegt.
  • Nach der Aussage eines Zeugen entschuldigte sich der Geistliche bei ihm.
  • Der Pater muss nun mit einer Bewährungsstrafe zwischen einem Jahr und neun Monaten und maximal zwei Jahren rechnen.

Von Heiner Effern

Der des sexuellen Missbrauchs angeklagte Pater Georg aus dem Kloster Ettal hat am vierten Prozesstag überraschend ein weitgehendes Geständnis abgelegt. Seine Verteidiger erklärten vor dem Landgericht München II, dass ihr Mandant den Missbrauch von zwei Schülern und einen Versuch bei einem weiteren Jungen einräume. Zuvor hatte der dritte Belastungszeuge unter Ausschluss der Öffentlichkeit alle Vorwürfe gegen den 44 Jahre alten Geistlichen bestätigt. Daraufhin entschuldigte sich Pater Georg bei ihm. Er muss nun mit einer Bewährungsstrafe zwischen einem Jahr und neun Monaten und maximal zwei Jahren rechnen. Darüber hinaus sagte er zu, eine ambulanten Sexualtherapie zu absolvieren. Das geht aus einer Mitteilung des Gerichts vom Donnerstag hervor.

Die Entschuldigung des Angeklagten muss einen hektischen Nachmittag an der Jugendkammer ausgelöst haben. Der Vorsitzende Richter Thomas Bott wies nach der Aussage des Zeugen in der wieder öffentlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hin, dass eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs nun im Raum stehe. Daraufhin baten die Verteidiger von Jürgen R., wie der Benediktiner-Pater bürgerlich heißt, um ein vertrauliches Beratungsgespräch mit dem Gericht. Daran nahmen auch die Staatsanwaltschaft und die Vertreterin des einzigen Nebenklägers teil. Die Beteiligten einigten sich laut einer Sprecherin des Landgerichts hinter verschlossenen Türen auf einen Deal: Bei einem Geständnis soll der Angeklagte nicht mehr als maximal zwei Jahre Haft auf Bewährung als Strafe erhalten. Seine Anwälte folgten der Absprache. Die Verhandlung wird wie geplant am 5. März mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt. Ungeklärt ist noch ein weiterer angeklagter Versuch von Pater Georg, einen vierten Jungen zu missbrauchen.

Er habe sich als Mutter und Vater der Schüler gesehen

Mit der Entschuldigung bei seinem ehemaligen Schüler gab Pater Georg sein striktes Leugnen aller Vorwürfe auf. Der etwa drei Stunden dauernde Vortrag, mit dem er zum Prozessauftakt jeden Missbrauch und auch jeden Versuch dazu bestritten hatte, war als Lügenkonstrukt enttarnt. Pater Georg hatte darin mehrmals betont, dass alle Vorwürfe gegen ihn "unzutreffend" seien. Mit demonstrativer Selbstsicherheit hatte er eingeräumt, in manchen Situationen nicht die nötige Distanz gewahrt zu haben, sich Schülern jedoch niemals in sexueller Absicht genähert zu haben. Er räumte lediglich Streicheleinheiten und Zuwendungen ein, die strafrechtlich nicht relevant waren. Er habe sich als Mutter und Vater der Schüler gesehen, sagte er aus.

Beim dritten Belastungszeugen der Staatsanwaltschaft brach seine Strategie zusammen. Der junge Mann wurde wegen eines versuchten Missbrauchs als Zeuge vernommen, doch seine Anschuldigungen sollen weit darüber hinaus gegangen sein. Schon der erste Zeuge hatte alle in der Anklage angeführten Vorwürfe bestätigt. Er habe seine Angaben in ebenfalls nicht öffentlicher Sitzung ruhig und differenziert gemacht, sagte die Sprecherin. Laut Anklage griff der Präfekt im Jahr 2001 diesem damals noch 13 Jahre alten Jungen in seinem Dienstzimmer abends unter die Boxershorts und streichelte ihn minutenlang. Bei der Übernachtung auf einer Berghütte hatte er dieses Vorgehen wiederholt. Diese Taten sind nun bestätigt. Das gilt auch für die Vorwürfe, Pater G. habe einem 14 Jahre alten Jungen immer wieder unter die Hose gefasst, als er bei ihm auf dem Schoß vor dem Computer saß.

15 Ettaler Patres sollen etwa 100 Schüler missbraucht haben

Der Geistliche nutzte für die Taten seine Vertrauensstellung aus: Er war zwischen 2001 und 2005 im Internat des Ettaler Gymnasiums als Präfekt tätig. Als sich Beschwerden häuften, wurde er von der Klosterleitung von seinen Aufgaben entbunden. Hinweise auf sexuellen Missbrauch sollen damals noch nicht vorgelegen haben. Als 2010 bekannt wurde, dass 15 Ettaler Patres bis 1990 über Jahrzehnte hinweg etwa 100 Schüler mit Schlägen und sexuell missbraucht hatten, geriet auch Pater Georg in den Fokus der Ermittler.

Am ersten Prozesstag deutete der Angeklagte noch an, dass ihn der damalige Schulleiter Pater Maurus Kraß zu Unrecht angeschwärzt habe. Mit Spannung wird deshalb erwartet, was dieser und auch der Ettaler Abt Barnabas Bögle zu den Vorgängen um Pater Georg aussagen. Sie sind an einem der nächsten Termine als Zeugen geladen. Das Urteil der Kammer wird am 26. März erwartet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: