Klimawandel in Bayern:Lido di Norimberga

Badespaß am Nürnberger Langsee

Heiße Tage wie diese könnte Nürnberg in Zukunft öfter haben: Forscher sagen für das Jahr 2100 Mittelmeerklima voraus.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In Städten wie Nürnberg könnte im Jahr 2100 Mittelmeerklima herrschen - das geht aus einer aktuellen Berechnung von Forschern hervor. Verhindern kann Bayern den Klimawandel allein nicht. Aber der Freistaat bereitet sich schon auf die Erwärmung vor.

Von Marlene Weiß

Was das Klima angeht, liegt Würzburg mehr oder weniger am Atlantik; und Orte wie Aschaffenburg in Bayerns Nordwestzipfel müssten gefühlt eigentlich eine Strandpromenade haben. München irrt jedoch, wenn es sich wegen ein paar läppischer Straßencafés schon für die nördlichste Stadt Italiens hält: Der Titel steht eher Nürnberg zu.

So jedenfalls sieht es in einer aktuellen Berechnung der Forscher im Programm Euro-Cordex aus, die versuchen, den regionalen Klimawandel besser vorherzusagen: Große Teile Bayerns wären demnach in einem mittleren Szenario bis zum Jahr 2100 von der starken Erwärmung im Mittelmeerraum betroffen und könnten sich um etwa 2,5 Grad erwärmen.

Mittel-, Nord- und Westdeutschland dagegen liegen noch in der Atlantikregion, die um ein halbes Grad glimpflicher davonkommen könnte. Allerdings, schränkt der am Projekt beteiligte Umweltmeteorologe Klaus Keuler von der BTU Cottbus ein: "Wir stehen noch am Anfang der Auswertung." Bislang seien erst einige Modelle in die Berechnung eingegangen. In einigen Monaten werde man womöglich mehr wissen.

Darauf kann man gespannt sein. Denn seit kürzlich der erste Teil vom Bericht des Weltklimarats IPCC erschien, ist es zwar offiziell: Es besteht praktisch kein Zweifel mehr daran, dass sich das Klima weltweit durch den Treibhauseffekt erwärmt. Nur ist noch lange nicht klar, welches Ausmaß die Temperaturerhöhung wo haben wird, wie sich die Niederschläge verändern werden - und welche Folgen das hat.

Sicher wird der Klimawandel in Ostfriesland anders ablaufen als in der Zugspitzregion. Aber bei diesen Unterschieden kann die Wissenschaft noch keine sehr detaillierten Prognosen liefern. Der zweite Teil des IPCC-Berichts, der im März 2014 erscheint, wird sich immerhin genauer als seine Vorgänger mit regionalen Gefahren und Anpassungsstrategien befassen; in ihn fließen auch die jüngsten Euro-Cordex-Ergebnisse ein.

Aber die Zeit läuft ab. Wenn die Welt weiter wenig bis gar nichts für den Klimaschutz tut, rutscht ganz Bayern ebenso wie Baden-Württemberg laut den Berechnungen in den Bereich rund ums Mittelmeer, der sich dann bis Ende des Jahrhunderts um etwa vier Grad erwärmen könnte. Ein Land wie Bayern kann das alleine nicht verhindern. Aber es kann über Anpassung nachdenken.

Der "Zement" der Erde löst sich auf

Glaubt man Monika Kratzer, im bayerischen Umweltministerium zuständig für den Klimaschutz, dann tut der Freistaat das auch: In ihrem Redemanuskript für die Tagung des Helmholtz-Verbunds "Regionale Klimaänderungen" zu den Auswirkungen des Klimawandels in Bayern am Mittwoch heißt es, Anpassung an die Folgen des Klimawandels sei das Gebot der Stunde. Die Erwärmung falle in der sensiblen Alpenregion besonders drastisch aus: In 20 bis 30 Jahren könnten vier der fünf bayerischen Gletscher verschwunden sein, und mit dem auftauenden Permafrost löse sich der "Zement" auf, der die Berge seit Jahrtausenden zusammenhält.

Ziel der Staatsregierung sei es, das Land so gut es geht auf die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels bis 2020 vorzubereiten. Tatsächlich hat Bayern anders als andere Bundesländer immerhin schon seit 2009 eine Klimaanpassungsstrategie: Unter anderem soll der Hochwasserschutz verstärkt und der Wald umgebaut werden.

Zwar ist sich die Staatsregierung in ihrer Vorstellung, wie sich diese Ziele umsetzen lassen, nicht immer mit Umweltschützern einig - aber dass der Wald dringend an den Klimawandel angepasst werden muss, das sehen auch Wissenschaftler so. "Die Forstwirtschaft muss für 100 Jahre planen", sagt Christian Bernhofer.

Der Meteorologe an der TU Dresden untersucht regionale Klimaveränderungen. Dabei müsse man das ganze System im Auge behalten: Wo etwa der Boden viel Wasser speichern könne, könnten auch Bäume gedeihen, die Trockenheit schlecht ertragen. Idealerweise aber setze man nicht nur auf ein Pferd beziehungsweise einen Baum, sondern gehe in die Breite. Umso besser würden die Chancen des Waldes, mit dem Klimawandel einigermaßen zurechtzukommen.

Vielfalt - so fasst Camilla Wellstein die Ergebnisse des bayerischen Forschungsprogramms "Forkast" zusammen, das sie während der Laufzeit von 2009 bis 2013 koordiniert hat. Darin wurden Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme und Anpassungsstrategien untersucht. "Wir brauchen in der Pflanzenwelt und in der Forstwirtschaft eine Vielfalt von Arten. Je mehr Vielfalt, desto größer der Puffer", sagt sie. Zumal man mit unsicheren Prognosen wohl leben muss: Vor allem die Niederschlagsmenge ist, anders als die Temperatur, schwer vorherzusagen.

Vermutlich wird es im Sommer auch in Bayern künftig weniger und im Winter mehr Regen geben, aber Genaues weiß man nicht, denn Niederschläge sind eine komplizierte Sache: "Wir können ja nicht einmal das Wetter der nächsten Tage zuverlässig vorhersagen", sagt Wellstein.

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