Klausurtagung:SPD beschwört europäischen Geist mit Stargast Asselborn

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Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ist der Stargast auf der SPD-Klausurtagung. (Foto: Uwe Lein/dpa)
  • Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn spricht bei der SPD-Klausurtagung in Bad Aibling. Er kritisiert den Begriff der "flexiblen Solidarität" in Europa.
  • Die SPD wolle einen Kontrapunkt zur europakritischen Politik der CSU setzen, sagt der Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher.
  • Zuvor hatte es Aufregung um die SPD-Abstimmung zu Ceta gegeben, dem Handelsabkommen mit Kanada. Der Landesvorsitzende Florian Pronold hatte als Einziger aus der Bayern-SPD für das Abkommen gestimmt.

Von Lisa Schnell, Bad Aibling

Auf ihren "Stargast" ist die SPD dann doch recht stolz. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn besucht die SPD-Herbstklausur und bringt die erwünschte Aufmerksamkeit. Alle wollen ein Foto mit ihm, vor allem die Damen. Ein Kamerateam wäre ihm beinahe in die Toilette gefolgt, um nichts zu verpassen. Was er zu sagen hat, erreicht nicht ganz die Schlagkraft seiner letzten Kommentare.

Erst kürzlich hatte er die restriktive Flüchtlingspolitik Ungarns kritisiert und den Austritt des Landes aus der EU gefordert. Jetzt wählt er vorsichtigere Worte. In seiner Rede hinter verschlossenen Türen wiederholte er seine Forderung nicht, berichten Teilnehmer. Dafür sprach er davon, dass er eine "flexible Solidarität" wie sie gerade beim EU-Treffen in Bratislava besprochen wurde, kritisch sehe. Dann werde es vielleicht auch eine flexible Rechtsstaatlichkeit geben, warnte er.

Mucksmäuschenstill sei es gewesen als Asselborn sprach, ungewöhnlich für die Fraktion. Umso lauter war der Applaus. Auf ebenso viel Begeisterung stößt der Schotte Angus Robertson von der sozial-liberalen Scottish National Party. Er kämpft dafür, dass Schottland in der EU bleiben kann. Die Abgeordnete Isabell Zacharias bewundert seinen Akzent, noch mehr freut sie sich über den "europäischen Geist", den er verströmt.

Die SPD will einen "Kontrapunkt" zur Europapolitik der CSU setzen, sagt SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher vor der Presse. Asselborn warnt, Europa dürfe sich nicht hineinziehen lassen in die Debatte um einen Kulturkampf. "Wir brauchen keine christlich-nationale Einstellung in Europa", sagte Asselborn.

Das ist das Stichwort für Rinderspacher. "Seehofer übernimmt kritiklos Formulierungen aus Ungarn mit kulturkämpferischer Rhetorik", sagte Rinderspacher. Der CSU-Chef wolle aus Bayern ein anderes Land machen, autoritär und national. "Wir wollen, dass Bayern Bayern bleibt: liberal und weltoffen", sagte Rinderspacher. Während Seehofer zu seinen Klausuren "Europafeinde" wie Ungarns Präsident Viktor Orbán empfängt, halte die SPD es mit den "Freunden Europas".

Auch seine Kritik an Seehofers Moskaureisen zu Russlands Präsident Wladimir Putin erneuerte Rinderspacher. Wie er es findet, dass SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sich Mittwochabend ebenfalls mit Putin zusammensetzen wird? Anders als Seehofer, der in Moskau nur "kapitalistische Brüderküsse" überbringe, führe Gabriel keinen kritiklosen Dialog, so Rinderspacher. Dabei ist sich der bayerische Landesverband nicht bei allen Themen so einig mit Gabriel, etwa bei Ceta.

In Sachen Ceta ist die SPD gespalten

Die Bayern-SPD hat sich geschlossen gegen das europäisch-kanadische Handelsabkommen ausgesprochen, für das Gabriel beim Parteikonvent Anfang der Woche eine Mehrheit bekommen hat. Bundesgeneralsekretärin Katarina Barley, der dritte Gast am Mittwoch, verteidigte Gabriels Linie in ihrer Rede. Sie wurde von den bayerischen Kollegen "respektvoll" hingenommen, sagt ein Teilnehmer.

Ceta hat in der Bayern-SPD schon genug Ärger ausgelöst. Ausgerechnet ihr Landesvorsitzender Florian Pronold stimmte auf dem Parteikonvent als einziger der Bayern-SPD für Ceta. An der Basis werde das "Vibrationen auslösen", sagte der Fraktionsvorsitzende Rinderspacher. Anders als Barley meinen einige in der Fraktion, Pronold hätte sich an den bayerischen Parteitagsbeschluss halten müssen. Zustimmung bekam Barley aber, als sie ihre bayerischen Kollegen aufforderte, stolz auf die SPD zu sein und sich nicht zu klein zu machen.

In einer "Zeit der Verunsicherung" stelle die SPD unsachlichen Debatten Inhalte gegenüber, sagte sie vor der Presse. "Was nützt einer alleinerziehenden Verkäuferin ein Burka-Verbot?" Die CSU zerlege sich mit ihren rechtspopulistischen Aussagen gerade selbst. Hier sieht die SPD gerade in Bayern eine Chance, Wähler aus der Mitte zu gewinnen. Auch Kollegen aus dem Bund werden beim Wahlkampf helfen. Nur über Ceta sollten sie vielleicht nicht zu ausführlich reden.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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