Kirchweih in Nürnberg:Aus Laufamholz wird "Laufamplastik"

Kirchweih in Nürnberg: Die geschmückte Kunststoffstange in Laufamholz gefällt nicht jedem.

Die geschmückte Kunststoffstange in Laufamholz gefällt nicht jedem.

(Foto: Olaf Przybilla)

Ein Nürnberger Vorstadtverein tauscht seinen Kärwabaum aus Holz für 12 000 Euro gegen einen aus Plastik aus. Und erntet dafür Spott und Häme.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Laufamholz ist ein gediegener Stadtteil im Osten von Nürnberg, man kann da sehr gut leben. Auf der einen Seite plätschert die Pegnitz, auf der anderen werden die Grundstücke schmucker Einfamilienhäuser von den Nadelbäumen des Lorenzer Reichswalds umgrenzt. Würde man eine Vorabendserie aus Franken drehen wollen, dieser Ort gäbe eine Kulisse dafür ab. Schon allein der Name: Laufamholz, das duftet förmlich nach fränkischem Vorstadtidyll.

Dass der ländlich-schöne Name neuerdings als "Laufamplastik" verunglimpft wird, hat Mathilde Höfler durchaus kommen sehen. Wer den Kärwabaum, den Festbaum der fränkischen Kirchweih also, gegen ein schlankes Schraubkonstrukt aus Kunststoff austauscht, der wird wohl mit "Spott und Häme" rechnen müssen, sagt die Vorsitzende des Vorstadtvereins. Aber was soll's? "Wir stehen jetzt dazu", sagt Höfler.

Immerhin 12 000 Euro hat das Trum gekostet, neben dem, nun ja, Baum werden etwa drei Dutzend Spender aufgelistet. Die Sache war so, erklärt Höfler: Bei der letzten Kärwa hätte ein Böe fast die Kärwaburschen überrascht, der Baum drohte beim Aufstellen zu entgleiten. Zwei Tonnen wiegt so ein regennasses Holz aus dem Wald, so was kann böse ins Auge gehen.

Bei Georgensgmünd, erzählt ein Besucher auf der Kärwa, haben Spaßvögel mal den Baum abgesägt. Lustige Sache, könnte man meinen. Weniger lustig war, dass der Baum fünf Autos demoliert hat. Der Mann aus Georgensgmünd klopft an den Laufamholzer Kunststoffschraubbaum mit wehendem Nadelbaumaufsatz. Klingt ziemlich hohl. "Aber das ist die Zukunft, da bin ich mir sicher", sagt er.

Ja, die Zukunft, Baptist Hussennether will das gar nicht bestreiten. Er aber war jahrelang Vorsitzender des Arbeitskreises "Kultur und Geschichte" im Vorstadtverein, da bekommt man einen etwas anderen Blick auf die Dinge. Eines, sagt er, könne man ohne Eiferei feststellen: "In Mögeldorf und Zerzabelshof würden sie so was nie machen." Im Knoblauchsland schon gar nicht und weiter draußen in Franken erst recht nicht. "Das ist was für die Stadt, nichts fürs Land."

Zumal die Kärwaburschen beim Aufstellen einer geschmückten Kunststoffstange diesmal fast länger gebraucht haben als die Jahre zuvor mit einem original gefällten Naturbaum aus dem Reichswald. Das Plastikding war feucht, der traditionelle Aufbau mithilfe von Schwalben - mit Seilen verbundenen Stangen - ist kompliziert, das Gerät rutschte ziemlich unangenehm ab.

Alles richtig, sagt Mathilde Höfler, aber die Sache "ist jetzt durch". Auch wenn der Riss mitten durch die Vorstandschaft ging, die eine Hälfte war dafür, die andere dagegen. Entscheidend war am Ende wohl das Argument, dass vor zwei Jahren ein umfallender Kärwabaum in Mittelfranken ein Menschenleben gekostet hat.

Dienstag war letzter Kärwa-Tag, das Zelt verschwindet jetzt, auch die drei blinkenden Süßigkeitenwagen. Nur der Plastikbaum bleibt stehen. Warum das? An Feiertagen, sagt Höfler, könne man den schmücken. Erst kurz vor der nächsten Kärwa wird er abgeschraubt. Und gleich wieder aufgestellt.

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