Traunreut:Bayern bekommt eine rumänische Kirche ganz aus Holz

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Die Innenausstattung der Kirche ist bescheidener als anderswo, viel Geld hat die Gemeinde nicht. (Foto: Matthias Köpf)
  • In Traunreut wird eine rumänisch-orthodoxe Kirche geweiht, eine Seltenheit in Bayern.
  • Die Religionsgemeinde jedoch wächst und zählt 1500 Menschen aus dem gesamten Landkreis Traunstein.
  • Die Kirche sollte ganz aus Holz sein - Einzelteile und Fachleute kamen dafür extra aus Rumänien.

Von Matthias Köpf, Traunreut

Wenn es bei einer Beerdigung mal ganz genau nach dem vorgeschriebenen Ritus gehen muss, dann schaut Constantin Reinhold Bartok lieber noch mal in seinen Büchern nach. Beerdigungen zelebriert der rumänisch-orthodoxe Pfarrer von Traunreut im Landkreis Traunstein nicht besonders viele. Vielleicht eine im Jahr, sagt er. Taufen seien es zuletzt jedes Jahr an die 30 gewesen, an manchem Samstag gleich drei oder vier. Pfarrer Bartoks Gemeinde wächst, viele junge Rumänen ziehen nach Traunreut, nicht alle aus Rumänien, einige haben zuvor Jobs in Italien oder Spanien gehabt. An diesem Donnerstag wird auch die neue Kirche, in der unten 180 und auf der Empore noch mal 30 Menschen stehen können, schon wieder zu klein werden für alle Besucher. Denn dann wird sie geweiht, als eines der wenigen rumänisch-orthodoxen Gotteshäuser in Bayern und als drittes in Deutschland, das ganz aus Holz besteht.

Noch haben in der Kirche nicht viele Kerzen gebrannt, noch ist nicht viel Weihrauch verglüht. Der 24 Meter lange Bau atmet vor allem den Duft der schweren Tannenbohlen. Die Zimmerer aus Rumänien haben sie mit Schwalbenschwanzverbindungen zusammengefügt, ganz ohne Metall bis hinauf zum 25 Meter hohen Turm, wo das Bauamt dann doch Stahlteile verlangt hat. An weltliche Regeln hält sich die Gemeinde nach Kräften, aber eben nicht nur: "Wir haben das alles in Gottes Hände gelegt. Wir haben noch keine Baugenehmigung gehabt, da haben wir in Rumänien schon die Kirche bestellt", sagt Pfarrer Bartok und lacht, was er oft und gerne tut. Vor zehn Jahren waren sie nur eine Handvoll Menschen, sagt Toader Ghita vom Pfarrgemeinderat. Immer wenn die Türe aufging und noch jemand kam, sei das wie eine kleine Offenbarung gewesen.

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Dass die Gemeinde inzwischen 1500 Menschen aus dem ganzen Landkreis Traunstein zählt, von denen sonntags etwa ein Zehntel in wechselnder Besetzung zum Gottesdienst kommt, das mag auch mit diesem fröhlichen Pfarrer zu tun haben, dessen Urgroßmutter väterlicherseits laut Familienüberlieferung eine Cousine des Komponisten Bela Bartók gewesen ist. Der 40-Jährige kam vor 28 Jahren nach Deutschland, besuchte unter anderem das erzbischöfliche Spätberufenenseminar in Waldram bei Wolfratshausen und studierte auch zwei Semester katholische Theologie. Mittlerweile ist er verheiratet und hat Kinder, wie es sich für orthodoxe Pfarrer gehört. Das größte Wunder sei nicht das schnelle Aufblühen der Gemeinde, "sondern was der Herrgott für einen Platz für uns ausgesucht hat", sagt Bartok. Der Platz liegt dort, wo die größeren Wohnblocks aufhören und die Einfamilienhäuser beginnen, direkt neben einem Spielplatz. Hier sollte mal ein katholischer Kindergarten entstehen, doch die Planungen haben sich geändert, sodass der Bürgermeister von Traunreut, einer von Heimatvertriebenen, Spätaussiedlern und generell von viel Zuzug geprägten Industriestadt mit 21 000 Einwohnern, das Grundstück der rumänisch-orthodoxen Gemeinde anbieten konnte.

Die Kirche sollte eine warme Atmosphäre haben und ganz aus Holz sein, so wie in den nördliche Karpaten Richtung ukrainische Grenze und ausstrahlend davon immer öfter auch in anderen Teilen Rumäniens. Geplant hat sie ein junger rumänischer Architekt, der seinem Großvater, einem Pfarrer, versprochen hatte, sein erster Bau werde eine Kirche sein. Die Teile kamen bereits zurechtgesägt und vorgeschnitzt aus Rumänien, die fünf Fachleute auch. Mit vielen Helfern aus der Gemeinde setzten sie die Kirche in insgesamt sechs Monaten zusammen. Die Ikonostase, die den Kirchenraum vom Altarraum abtrennt, ist nur goldfarben lackiert, denn der Kirchenbau ist vor allem über Spenden finanziert. Viele Menschen in der Gemeinde haben nicht besonders gut bezahlte Stellen in der Pflege oder der Gastronomie, sagt Pfarrer Bartok. Für sie sei so eine Spende ein echtes Opfer, das man nicht in Blattgold habe stecken wollen.

Welche Reliquien der Erzbischof für die Metropolie Zentraleuropa am Donnerstag von seinem Amtssitz Nürnberg für den Altartisch mitbringen wird, weiß in Traunreut noch niemand. Die Metropolie gibt es seit den 1990er-Jahren, ihr Erzbischof ist unter anderem für 123 rumänisch-orthodoxe Gemeinde in Deutschland und Österreich zuständig, die nächsten Gemeinden gibt es in Waldkraiburg, in Rosenheim und drüben in Salzburg, wo vor zehn Jahren die erste rumänische Holzkirche weit und breit gebaut wurde. Inzwischen gibt es noch eine in München und eine in Bonn, aber sie alle sind nicht so groß geworden wie die neue in Traunreut. Die nötigen Ikonen darin hat ein rumänischer Kirchenmaler gestaltet, darunter eine der katholischen Seligen Irmengard vom Chiemsee, die 866 gestorben ist, also weit vor der Kirchenspaltung 1054, und nach dem Empfinden von Pfarrer Bartok deswegen gut in einer orthodoxen Kirche abgebildet sein darf. Wo das Kirchengebäude selbst die jetzige Generation an die rumänische Heimat erinnern soll, so solle diese Chiemsee-Selige für die Heimat stehen, die die vielen gerade getauften Kinder als die ihre empfinden werden.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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