Kernkraftwerk Isar 1:Gefahr im Abklingbecken

1734 Brennstäbe liegen im Abklingbecken des Kernkraftwerks Isar 1. Knapp die Hälfte ist so weit abgekühlt, dass sie ins Zwischenlager gebracht werden könnten. Doch das geschieht nicht - weil Castor-Behälter fehlen. Die Freien Wähler sind alarmiert: Schließlich gilt das Abklingbecken von Isar 1 als große Schwachstelle.

Christian Sebald

Zwischen den Freien Wählern und der Staatsregierung ist ein heftiger Streit über die Sicherheit des abgeschalteten Atomkraftwerks Isar 1 entbrannt. "Auch wenn der Reaktor selbst nun schon seit Monaten stillgelegt ist, sieht alles danach aus, dass die Uraltanlage gefährlicher ist denn je", sagte FW-Chef Hubert Aiwanger, "aber der Staatsregierung ist das offenbar gleichgültig, ja sie informiert weder uns Landtagsabgeordnete noch die Bevölkerung ausreichend über die Risiken."

Isar I

Das Kernkraftwerk Isar I nahe Landshut ist seit Monaten stillgelegt. Doch das heißt nicht, dass von der Anlage keine Gefahr mehr ausgeht. Das Abklingbecken zum Beispiel ist schlecht vor Flugzeugabstürzen geschützt.

(Foto: dpa)

Die Freien Wähler zögen deshalb rechtliche Schritte gegen die Staatsregierung in Erwägung. Das Umweltministerium wies die Vorwürfe als haltlos zurück.

Der Grund für Aiwangers Angriffe sind die abgebrannten Brennelemente aus dem abgeschalteten Reaktor, die sich derzeit im Abklingbecken befinden. Nach Überzeugung der Freien Wähler wird der Atommüll derzeit längst nicht so sicher gelagert, wie das eigentlich möglich wäre.

Offenkundig könnten etliche hundert Brennstäbe längst in Castor-Behälter umgeladen und in das Zwischenlager der Anlage gebracht werden, sagte Aiwanger. Dort, so der FW-Chef, sei der Atommüll sehr viel geschützter als im Abklingbecken. Aber die Staatsregierung setze sich nicht ausreichend dafür ein, dass dies auch geschehe.

Tatsächlich gilt das Abklingbecken von Isar 1 als eine der größten Schwachstellen des Siedewasserreaktors. Denn es liegt außerhalb seines Sicherheitsbehälters im oberen Teil des Reaktorgebäudes und ist wegen dessen dünner Wände vergleichsweise schlecht geschützt - vor dem Absturz eines Flugzeugs zum Beispiel, aber auch vor einem Anschlag.

Für Experten wie Wolfgang Renneberg, den ehemalige Chef der Abteilung Reaktorsicherheit, Strahlenschutz und Entsorgung am Bundesumweltministerium (BMU), und den Physiker Wolfgang Neumann, der etlichen Atom-Gremien des BMU angehörte, war dies stets einer der Gründe, warum sie Isar I nicht für sicher genug hielten - und zwar schon Jahre vor der Energiewende; bereits damals wurden Sicherheitsanforderungen an Atomreaktoren.

Nach Angaben des Umweltministeriums lagern derzeit 1734 abgebrannte Brennelemente in dem Abklingbecken. Ungefähr 800 davon sind inzwischen so abgekühlt, dass sie eigentlich in Castorbehälter umgeladen und in das Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände gebracht werden könnten.

Dass dies dennoch nicht passiert, liegt daran, dass derzeit keine Castor-Behälter dafür zur Verfügung stehen. Das bestätigte Albert Göttle, der Chef der Abteilung Reaktorsicherheit und Erneuerbare Energien am Umweltministerium, der SZ. Und alte Castoren dürfen nicht mehr verwendet werden. Die Brennelemente aus Isar 1 müssen voraussichtlich noch bis 2014 im Abklingbecken verbleiben. Erst dann stehen Göttle zufolge ausreichend neue Castor-Behälter zur Verfügung.

Für das Umweltministerium ist das aber kein Problem. "Die Lagerung der Brennelemente im Abklingbecken ist sicherheitstechnisch geprüft und erfüllt alle rechtlichen Anforderungen", sagte Göttle. Das habe auch die Reaktorsicherheitskommission festgestellt, als sie die Anlage 2011 überprüft habe.

Freie-Wähler-Chef Aiwanger stellt das nicht zufrieden. Nach seiner Überzeugung ist Isar 1 genauso unsicher wie die Anlage im japanischen Fukushima, in der es vor knapp einem Jahr infolge eines schweren Erdbebens zur Nuklearkatastrophe kam. "Was aber tut die Staatsregierung?", sagt Aiwanger, "sie verschleiert nur immer weiter und redet nicht Klartext."

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