Der Gegenentwurf: Ludwig Schick, Bamberg
Seit 2002 ist Ludwig Schick Erzbischof in Bamberg, dem einzigen Bistum Bayerns, in dem die Protestanten die Mehrheit stellen. Als er ernannt wurde, wussten die Franken nicht so recht, was da auf sie zukommt mit dem Import aus dem Bistum Fulda. Würde der gebürtige Marburger, der es mit dem Polarisierer Johannes Dyba ausgehalten hatte - der war sein Generalvikar und später sein Weihbischof -, das Bamberger Erzbistum umkrempeln, das mit dem liberalen Bischof Karl Braun so gut gefahren war? Fragt man nun, acht Jahre später, in Rödental, was sie von ihrem Erzbischof halten, heißt es: Nett sei er, "aber unspektakulär."
Zumindest dachten sie das bis vor ein paar Wochen. Da gab Schick dem Spiegel ein Interview. Es ging um Lehren aus dem Missbrauchsskandal, der auch Bamberg betrifft. Schicks ehemaliger Personalchef Otto Münkemer soll als Leiter des Internats Ottonianum in den 1980er- Jahren Zöglinge missbraucht haben. 2008 kam der Fall auf; Münkemer war der erste hochrangige Kirchenmann in Deutschland, der sich - bis heute - vor dem Kirchengericht verantworten muss. Es gibt noch einige weitere Verdachtsfälle im Bistum Bamberg. Wie er sich seine Kirche wünscht, wurde Schick gefragt. Offener, authentischer wünscht er sich seine Kirche. Ja, er wäre dafür, dass man über den Zölibat, die Ehelosigkeit der Priester, "ernsthaft nachdenkt". Rums.
Schick ist eigentlich der Gegenentwurf zum Münchner Bischof Marx. Anders als sein Münchner Kollege mischt sich der 60 Jahre alte Schick ins politische Geschehen nur ein, wenn es um entwicklungspolitische Fragen geht, in seiner Funktion als Vorsitzender der "Kommission Weltkirche" der Deutschen Bischofskonferenz. Lehrer oder Arzt zu werden, hatte der Sohn eines Finanzbeamten erwogen, dann studierte er Theologie, um "den Menschen auf der Suche nach Sinn in ihrem Leben zu helfen". In Rom schloss er seine Promotion mit "summa cum laude" ab, mit 36 war er bereits Professor für Kirchenrecht. Die Assoziation mit den 68ern sei ihm gekommen, sagt Schick, weil es damals, als er jung war, auch in der Kirche Aufbrüche gab.
Monika Maier-Albang