Kabinett:Bayern will Wohnraum deutlich besser fördern

So verschieden kann also die Wahrnehmung sein. Nach der Kabinettssitzung am Dienstag hat Innenminister Joachim Herrmann (CSU) selbstbewusst verkündet, dass der Freistaat dieses Jahr seine Wohnraumförderung von 220 Millionen Euro um 50 Millionen Euro auf 270 Millionen Euro erhöht. Wenn möglich, soll die Anhebung bis 2019 beibehalten werden. "Mit dieser Aufstockung", so Herrmann, der kraft Amtes für den Wohnungsbau im Freistaat zuständig ist, "verstärkt die Staatsregierung nochmals ihre Anstrengungen, um möglichst alle Bewohner Bayerns mit angemessenem Wohnraum zu versorgen". Vor allem sollen von dem Geld aber Wohnungen für Flüchtlinge errichtet werden, die dauerhaft in Bayern bleiben.

Für Experten wie Xaver Kronauer ist Herrmanns Ankündigung ein Tropfen auf den heißen Stein. "Angesichts der Herausforderung, 3000 bis 5000 neue Wohnungen pro Jahr für Flüchtlinge errichten zu müssen, reicht dieses Geld hinten und vorne nicht", sagt er. "Damit kann man maximal 250 Wohnungen bauen." Kronauer muss es wissen. Er ist Direktor des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen, einem Zusammenschluss von 456 sozialorientierten Immobilienfirmen. Unter ihnen sind 332 Wohnungsgenossenschaften und 89 kommunale Wohnungsunternehmen. Sie haben alle eins gemeinsam: Sie verlangen von ihren Mietern deutlich weniger als zehn Euro Warmmiete je Quadratmeter Wohnfläche. Alleine für die 3000 bis 5000 neuen Sozialwohnungen für Flüchtlinge müsste die bisherige Förderung der Staatsregierung verdreifacht werden, rechnet Kronauer vor: auf bis zu 750 Millionen Euro im Jahr.

Doch es kommt noch schlimmer: Herrmanns neues Programm kann nicht einmal im Ansatz die Zahl der Sozialwohnungen kompensieren, die aus der Sozialbindung fallen. 2014 waren das bayernweit 4320 Wohnungen. Binnen 15 Jahren hat sich die Zahl der Sozialwohnungen im Freistaat fast halbiert. "1999 gab es 250 000 Sozialwohnungen im Freistaat", sagt Kroner. "2014 waren es 130 000." Natürlich trägt dafür nicht nur Bayern die Verantwortung. Der Bund hat seit Mitte der Neunzigerjahre die Wohnraumförderung ebenfalls drastisch gekürzt. Wohl deshalb nahm Herrmann außer Kommunen und Kirchen auch den Bund in die Pflicht, Wohnungen für Flüchtlinge bereitzustellen.

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