Justiz:Zahlen und Fakten zum Maßregelvollzug in Bayern

Forensik der Isar-Amper-Klinikums in Haar, 2011

Überwachungskameras sind an der Mauer einer Forensik angebracht.

(Foto: Claus Schunk +49 1716039668)

Hier steht nicht die Bestrafung im Vordergrund, sondern die Besserung der Patienten - sowie der Schutz der Allgemeinheit. Aber was bedeutet das konkret?

Von Matthias Köpf

Derzeit befinden sich in ganz Bayern etwa 8300 Strafgefangene in Haft und etwa 2600 Menschen im Maßregelvollzug. Die aktuellen Zahlen des Amtes für Maßregelvollzug in Nördlingen stammen von Ende 2015. Zu der Zeit waren es 2583 Patienten, fast 200 mehr als 2010. Die Zahlen im Maßregelvollzug nehmen seit Jahren stetig zu, was Fachleute mit einem steigenden gesellschaftlichen Sicherheitsbedürfnis erklären, auf das auch die Justiz reagiert.

Die Gerichte können anstelle von Gefängnisstrafen den Maßregelvollzug anordnen, wenn Angeklagte ihre Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen haben und von ihnen Ähnliches wieder zu erwarten ist. Die Prognosen erstellen psychiatrische Gutachter. Die juristische Systematik dazu stammt im Kern aus dem Jahr 1933.

Anders als die Strafhaft ist der Maßregelvollzug nicht auf eine bestimmte Dauer angelegt. Hier steht nicht die Bestrafung im Vordergrund, sondern die Besserung der Patienten und der Schutz der Allgemeinheit. Wie lange der Patient in der Forensik bleiben muss, hängt von regelmäßigen Untersuchungen und Gutachten ab. Entscheidendes Kriterium ist, ob von ihm weiterhin eine Gefahr ausgeht.

Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt die Rechte der Patienten gestärkt: Je mehr Zeit sie schon in der Forensik verbracht haben, um so schwerer müssen auch die Bedenken der Gutachter wiegen, um sie in der Forensik behalten zu können. Dabei fließt auch die Schwere der sogenannten Anlasstat mit ein. Viele Patienten müssen weit länger in der Forensik bleiben, als sie für die gleiche Tat im Gefängnis säßen. Bei den Patienten wird unterschieden zwischen solchen, die rein suchtkrank sind und solchen, die unter schweren psychischen Erkrankungen, meist Psychosen leiden.

Die Suchtkranken sind überwiegend Alkoholiker. Denn viele Täter, die von harten Drogen abhängig sind, zeigen auch psychotische Symptome. Oft wird nicht klar, ob der Drogenkonsum Auslöser oder Folge der Psychose ist. Diese Patienten, Ende 2015 waren es 1227 Menschen, können die Forensik durchschnittlich erst nach sechs Jahren und drei Monaten verlassen. Die zuletzt 1356 rein suchtkranken Forensik-Patienten müssen im Schnitt ein Jahr und sieben Monate bleiben.

Zu den Rückfallraten gibt es nur wenige Studien. Weitaus die meisten aus der Forensik entlassenen Patienten werden demnach nicht mehr straffällig oder begehen nur kleinere Delikte. Bei den rein Suchtkranken ist die Rückfallrate höher. Für den Maßregelvollzug gibt es in Bayern 14 Einrichtungen, darunter eine für Frauen in Taufkirchen an der Vils, eine für jüngere Suchtkranke im oberpfälzischen Parsberg und eine Hochsicherheits-Forensik in Straubing.

Regelrecht ausgebrochen oder aus dem geschlossen Bereich geflohen sind in Bayern 2015 vier und 2016 sieben Patienten. 137 beziehungsweise 128 Patienten haben in den beiden Jahren Lockerungen missbraucht, sind also beispielsweise nach Freigängen zunächst nicht zurückgekehrt.

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