Jubiläum:Ein großer Spaß

Vizekanzler Gabriel in Nürnberg

Gefrotzel unter Genossen: Nürnbergs SPD-Chef Thorsten Brehm, Sigmar Gabriel, Ulrich Maly.

(Foto: Klaus Schillinger)

Nürnberger SPD feiert sich

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Die Nürnberger SPD wird 150 Jahre und einer darf da nicht fehlen: Franz Josef Strauß. Beim Festakt mit dem Bundesvorsitzenden kommt er als Filmfigur auf die Bühne und klagt ein, man möge ihm bei der Feier bitte angemessenen Raum einräumen, immerhin sei er dafür verantwortlich, dass die CSU kommunalpolitisch kein Bein auf den Boden bekomme in Nürnberg. Sein Beleg: Er sei es schließlich gewesen, der mit Massenverhaftungen im selbst verwalteten Kulturzentrum "Komm" den kulturpolitischen Sonderweg der Nürnberg-SPD bundesweit bekannt gemacht habe. Auf den Begriff gebracht: "Ich kam, sah und verhaftete." 1981 war das, die Aktion im Epizentrum der bayerischen SPD, wie sich Nürnbergs Sozialdemokratie gerne sieht, ging als beispielloser Rechtsbruch in die Geschichte des Landes ein.

Der Strauß-Bitte wird nur in Teilen entsprochen, bei 150 Jahren Geschichte ist für Fußnoten nicht hinreichend Platz. Karl Marx, im Film gespielt von einem örtlichen SPD-Mann, soll seine Sicht der Dinge ebenso darlegen dürfen ("Chemnitz wurde umbenannt, ein Fehler") wie Andreas Urschlechter, der mythenumwitterte Nachkriegs-OB der Nürnberger SPD. Der referiert selbstverliebt, wie er eigenhändig die Nürnberger U-Bahn schuf, U wie Urschlechter, wie er aus göttlicher Eingebung ein Trabantenviertel für 40 000 Menschen aus dem Boden stampfen ließ, lovely Nürnberg-Langwasser, und auf dem Höhepunkt seiner Karriere der alten Dame einen ziemlich hässlich geflochtenen Korb überreichte. Urschlechter trat aus der SPD aus.

Der Film ist ein großer Spaß. Es kommen dann aber auch lebende Figuren zu Wort beim Festakt, Renate Schmidt zum Beispiel grüßt von der Leinwand. Sie versucht in wenigen Worten zu erklären, was Menschen außerhalb Bayerns, die nur gelegentlich davon hören, dass es im Süden auch Spuren von Sozialdemokratie geben soll, schwer klarzumachen ist: Dass es die SPD ist, die Nürnberg nahezu ausnahmslos regiert. Das Erfolgsrezept? "Eine linke SPD" dominiere die Stadt, "die gleichzeitig aber in der Lage ist, pragmatische Entscheidungen zu treffen." Aufgabe für die Zukunft aus Schmidts Sicht: Bleiben wie man ist.

Nach ihr bleibt es humorig, zum Teil aber auf geharnischtem Niveau. Nürnbergs SPD-Chef Thorsten Brehm teilt dem Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel gebremst galant mit, bei ihm sei unzweifelhaft zu beobachten, wie man als SPD-Chef "doppelt so schnell" altere. Gabriel wird das später mit dünnem Lächeln und dem Satz kontern, zum Glück habe er noch mehr Haare auf dem Kopf als Nürnbergs SPD-Chef. Nürnbergs OB Ulrich Maly wiederum zitiert aus einer Mail, die er kürzlich an Gabriel gerichtet habe. Nachdem die Bayern-SPD das Freihandelsabkommen Ceta abgelehnt hatte, habe er den Parteichef wissen lassen: "Einen einzigen seriösen Kritiker" werde sich der doch wohl leisten können.

Gabriel kann darüber offenbar in Maßen lachen und belehrt den OB: Ein Wirtschaftsminister dürfe sein soziales Herz nicht aufgeben, ein Parteichef "nicht seinen ökonomischen Verstand". An einigen Stellen, sagt Gabriel, werde im Protokoll des Festaktes später nachzulesen sein, der Beifall sei bei seinen Worten deutlich reduziert ausgefallen. Eine richtige Beobachtung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: