Integrationsdebatte in Bayern:Vorwärts in die Vergangenheit

Lesezeit: 1 min

Deutsch lernen innerhalb eines Jahres: Die Forderung von Sozialministerin Haderthauer ist zynisch, die Strategie dahinter vermeintlich simpel.

D. Mittler

Gab es tatsächlich mal die Hoffnung, dass endlich Bewegung in die CSU-Ausländerpolitik kommt? Ja, aber nur kurz. Das war die Zeit, in der Sozialministerin Christine Haderthauer mit ihrem CSU-Parteikollegen Innenminister Joachim Herrmann über Kreuz lag - für eine bessere Unterbringung von Flüchtlingen, für eine neue "Asylsozialpolitik".

Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) bei der Regierungserklärung im Landtag. (Foto: dapd)

Mittlerweile ist von ihrer durchaus mutigen Humanitätsoffensive nichts mehr übrig. Die Ministerin sagt in ihrer Regierungserklärung zur Integration: "Jeder Zuwanderer muss innerhalb eines Jahres Deutsch lernen. Das ist eine Bürgerpflicht, die wir von jedem einfordern, der in unserem Land leben möchte."

Das sind Schlagworte. Man kennt sie bereits - es sind genau die Parolen, mit denen die CSU vor Jahren schon an den Stammtischen zu punkten suchte. Aber Haderthauer greift nicht wahllos in die Mottenkiste. Sie gibt genau das wieder, was in den jüngsten Tagen von Ministerpräsident Horst Seehofer zu hören war, als der sich bemühte, auf der Welle von Thilo Sarrazin zu surfen.

Doch wie viel haben solche Schlagworte mit Realität zu tun? Oder anders gefragt: Wie realistisch ist es, dass ein durchschnittlicher Mensch innerhalb eines Jahres eine ihm völlig fremde Sprache erlernt? Ziemlich unrealistisch. Und damit ist Haderthauers Forderung auch schnell als zynisch entlarvt. Denn das voraussehbare Scheitern beim Deutschlernen in so kurzer Zeit heißt für die CSU ja: nicht integrationsfähig, nicht integrationswillig. "Wer nicht bereit ist, sich zu integrieren, muss mit Konsequenzen rechnen", erklärt Haderthauer.

Solche Sätze sagen auch viel über Haderthauer selbst aus. Sie, die eigentlich intelligente Lösungen in der Politik sucht, gibt sich jetzt mit Plattitüden zufrieden. Sie hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie sich zu Höherem berufen fühlt. Dafür muss sie aber auch intelligente Lösungen anbieten - und nicht nur die Sätze des Ministerpräsidenten nachbeten.

© SZ vom 12.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: