Ingolstadt:Wenn aus Code Kot wird

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Ingolstadt will seine Innenstadt modernisieren - nur der Name für das Projekt bereitet Probleme. (Foto: dpa)

Ingolstadt will seine Fußgängerzone modernisieren und aufwerten. Dafür musste ein Slogan her: einprägsam und pfiffig. Fast wäre es gelungen.

Kolumne von Johann Osel

Fußgängerzonen gelten ja mitunter als Problemzonen, zu wenig Laufkundschaft und Flaneure, gesichtslos, nix Dolce Vita; dafür sind sie oft Straßen, durch die man möglichst rasch hindurchgehen mag, im besten Wortsinne. Auch in Ingolstadt hält sich die Liebe für die Ludwigstraße in Grenzen, Leerstände waren schon zu beklagen. Zuletzt hat sich die Lage verbessert und neue Geschäfte kamen, wohl aus Vorfreude auf all die Neuerungen: Ingolstadt putzt die Fußgängerzone heraus, modern soll sie werden, wie es sich für eine Gewinnerstadt mit Autokonzern gehört.

Ingolstadt ist zudem geschichtsträchtig, war die Hauptstadt des Herzogtums Bayern-Ingolstadt, war Festungs- und Universitätsstadt, das Reinheitsgebot fürs Bier wurde hier erfunden. "Im Zuge der Umgestaltung soll unsere Stadtgeschichte Raum erhalten", wünschte sich Oberbürgermeister Christian Lösel. Auf Tafeln im Pflaster soll auf historische Gebäude, Gelehrte oder Künstler verwiesen werden. Die Tafeln sollen von den Häusern aus gen Straße ragen, im Luftbild wirkt das wie ein Strichcode. Pfiffiger Name des Gesamtprojekts: "Code der Stadt".

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Seit das Vorhaben den Bürgern vorgestellt wurde - mit der Bitte um Vorschläge -, ist es in aller Munde. Aus dem Munde hört es sich ganz anders an: "Kot der Stadt". Scheiße gelaufen. Klingt nach den Hinterlassenschaften von Hunden, meint ein lokales Internetportal, ein neuer Name müsse her. So fix sei der Titel gar nicht gewesen, heißt es in der Verwaltung. "Fußnoten zur Stadtgeschichte" wurde etwa auch verwendet und wäre nun offiziell denkbar. Laut unbestätigten Gerüchten wird jeder Bedienstete der Stadt dazu verpflichtet, neue Vorschläge einmal täglich laut zu sprechen; auf dass nicht erneut ein Name mit misslichem Doppelsinn ausgewählt werde.

Unabhängig davon aber geht's voran: Erste Vorarbeiten an den Versorgungsleitungen laufen, bis 2022 könnte die Fußgängerzone schick sein. Auch einen neuen Bodenbelag wird es geben. Auf einem kleinen Test-Areal in der Altstadt lassen sich mehrere Varianten davon begutachten. Stadträte, aber etwa auch Blindenvertreter können Probe spazieren. Granitgestein in verschiedenen Ausführungen und Farben steht zur Auswahl - und sogar ein hübscher Braunton.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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