Info-Website zum G7-Gipfel:"Wir wurden durchleuchtet"

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Heimatverbunden: Fabian Rößler (links) und Peter Reindl aus Mittenwald betreiben eine Info-Website zum G-7-Gipfel in Elmau. (Foto: Sophia Schirmer)

Sie wollen neutral informieren und für die Region werben: Zwei Männer aus Mittenwald haben eine Website zum G-7-Gipfel eingerichtet. Sehr zum Missfallen mancher Bundesbehörde, die dahinter "linke Chaoten" vermutet - und die Löschung der Domain verlangt.

Von Sophia Schirmer, Mittenwald

Seit klar ist, dass der G-7-Gipfel auf Schloss Elmau stattfinden wird, beschäftigen sich zwei Männer besonders intensiv mit dem Polittreffen, obwohl sie beruflich nichts damit zu tun haben. Peter Reindl ist Systemadministrator, Fabian Rößler arbeitet in der Werbung. Gemeinsam betreiben sie die Info-Website g7-2015.de. Im Bund fürchtete man allerdings "linke Chaoten". Am Montag wurde die Gipfel-Internetseite der Bundesregierung www.g7germany.de freigeschaltet.

SZ: Herr Reindl, Herr Rößler, Sie sind weder Politiker noch Journalisten. Trotzdem betreiben Sie eine Info-Website zum G-7-Gipfel. Wie kommt das?

Peter Reindl: Als die Nachricht kam, dass der Gipfel bei uns stattfinden wird, haben wir aus Jux und Tollerei nachgeschaut, ob dazu noch Domains frei sind. Wir sind eigentlich fest davon ausgegangen, dass nichts mehr frei ist. Wir dachten, die Regierung wird das schon vorgeplant haben. Aber es war alles frei. Und da konnten wir uns einfach nicht zurückhalten.

Fabian Rößler: Das war eine Entscheidung, die wir innerhalb von fünf Sekunden getroffen haben.

Peter Reindl: Wir haben die wichtigsten Domains sofort reserviert. Dann haben wir uns zusammengesetzt und ein Konzept entwickelt. Innerhalb einer Woche stand die Hauptseite.

Aber warum ausgerechnet das Konzept einer Info-Website?

Reindl: Einerseits können wir im Rahmen einer solchen Großveranstaltung unsere Region gezielt bewerben und von ihrer schönsten Seite präsentieren. Auf der Website sind ja auch viele Fotos. Andererseits haben wir den Behörden nicht so richtig vertraut, was die Information der Bevölkerung anbelangt. Wir wollten das unabhängiger machen und alle Informationen anbieten, die interessant sein könnten.

Das Schloss Elmau mit allen seinen Gebäuden wird im Sommer des kommenden Jahres Tagungsort für den G-7-Gipfel mit seinen prominenten Teilnehmern sein. (Foto: Stephan Rumpf)

Unabhängig informieren - diesen Anspruch haben auch herkömmliche Medien. Haben Sie denn das Gefühl, dass deren Berichterstattung nicht ausreicht?

Reindl: Unserer Meinung nach ist das Thema bei den Medien außerhalb Bayerns noch nicht angekommen. Lokal wird zwar regelmäßig berichtet, aber wir wollten einfach eine Alternative bieten, für Vielfalt sorgen, eine Informationsquelle für alle sein.

Rößler: Außerdem ist so ein Ereignis noch nie vom ersten Augenblick an dokumentiert worden. Wir waren direkt am Tag nach der Bekanntgabe schon in der Elmau und haben die ersten Fotos geschossen.

Sie haben natürlich den Vorteil, dass Sie direkt am Ort sind.

Rößler: So ist es. Wir können direkt hingehen. Da tun sich Außenstehende schwer.

Reindl: Wir sind regelmäßig an den Baustellen rund ums Schloss. Wir besuchen alle relevanten Veranstaltungen. Und wir haben sehr gute Kontakte zu den lokalen Organisationen wie Feuerwehr, Bergwacht oder Rettungsdienst, und auch zu Polizei und Bürgermeistern. Wir reden einfach mit den Leuten.

Rößler: Und dann gibt es natürlich noch die Gerüchteküche. Wenn wir da irgendetwas mitbekommen, dann haken wir nach, ob etwas dran ist oder nicht.

Woher nehmen Sie die Zeit für das alles?

Reindl: Das fragen uns viele . . . Das läuft vor allem abends. Am Wochenende machen wir dann größere Streifzüge. Momentan schleifen andere Hobbys ein bisschen.

Rößler: Es kann auch passieren, dass Beziehungen dabei auf der Strecke bleiben. Aber wir machen das, weil uns unsere Ecke hier am Herzen liegt.

Reindl: Und es ist - auch wenn es jetzt um ein paar Tage verschoben wurde - ein Ende in Sicht.

"Überparteilich und neutral" - so beschreiben Sie Ihre Website. Geht es wirklich nur darum, zu informieren, oder wollen Sie Ihre Leser von einer bestimmten Position überzeugen?

Rößler: Wir probieren, möglichst keine Position einzunehmen. Wir wollen Fakten liefern, und das möglichst ohne Emotionen.

Reindl: Dass wir so handeln, ist auch ein bisschen zu unserem eigenen Schutz. Ganz am Anfang hatten wir nämlich einen kleinen Konflikt mit dem Bundespresseamt. Die dachten, dass wir - wörtlich - "linke Chaoten" sind.

Was ist da genau passiert?

Reindl: Es sind mehrere Briefe gekommen, die mit Ultimatum zur Herausgabe oder Löschung der Domains aufforderten. Über unsere Kontakte zu Polizei und Behörden haben wir herausgefunden, dass viele Erkundigungen über uns eingeholt wurden.

Rößler: Wir wurden durchleuchtet.

Reindl: Bei einer Informationsveranstaltung hatten wir dann Gelegenheit, direkt mit den Leuten zu reden. Wir haben uns vorgestellt und erklärt, was wir mit der Website wollen. Damit war eigentlich alles ausgestanden. Aber das war eben auch ein Punkt, warum wir gesagt haben: Wir müssen auf der seriösen, neutralen Schiene bleiben, damit wir unangreifbar sind.

Und was halten die Privatpersonen Reindl und Rößler davon, dass im kommenden Juni Staatschefs, Polizei und Journalisten die - bis dahin komplett umgebaute - Region bevölkern werden?

Rößler: Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Es ist auf jeden Fall besser als Stillstand.

Reindl: Wenn die ganze Region mitmacht, wenn wir uns super präsentieren und das halbwegs gut abläuft, dann ist die Chance da, dass das positive Folgen hat. Die Region ist zwar in Deutschland schon bekannt, aber international ist noch ein sehr großes Potenzial da.

© SZ vom 02.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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