Immobilienmarkt in Bayern:"Seehofer nimmt die Mieter auf den Arm"

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Zur Miete zu wohnen ist vor allem in München ein teures Vergnügen. (Foto: Catherina Hess)

SPD-Spitzenkandidat Christian Ude wirft dem Ministerpräsidenten vor, dass dessen Konzept für günstigere Wohnungen nur Blendwerk sei: Von den groß angekündigten Verbesserungen sei kaum etwas übrig geblieben.

Von Frank Müller

Ist es ein wichtiges Signal für einen besseren Schutz der bayerischen Mieter, wie die schwarz-gelbe Staatsregierung meint? Oder doch nur ein "makabrer Kalauer", wie SPD-Herausforderer Christian Ude findet? Über das Anfang der Woche vom Kabinett beschlossene Konzept zur Wohnungspolitik gibt es jedenfalls nun heftigen Streit. Im Zentrum steht ein Passus, der eigentlich die an vielen Orten im Freistaat explodierenden Mieten dämpfen soll: dadurch, dass der zulässige Anstieg der Mieten auf höchstens 15 Prozent innerhalb von drei Jahren beschränkt wird.

Den Weg dafür hatte Schwarz-Gelb im Bund mit einer Rechtsänderung freigemacht. Die Bundesländer können die bisher möglichen 20 Prozent nun in Gebieten mit besonders hoher Nachfrage entsprechend absenken. Justizministerin Beate Merk (CSU) bekam vom Kabinett den Auftrag, eine dafür notwendige Verordnung zu erarbeiten. Die soll zunächst für München oder auch nur Teile der Stadt gelten, andere Kommunen könnten später aufgenommen werden.

Ude erzürnt vor allem die zeitliche Befristung dieses Plans. Das Kabinett hatte beschlossen, dass sie bis Ende 2015 gelten soll. Das aber mache es Hausbesitzern möglich, jetzt noch einen maximalen Mietsprung zu verlangen. Wenn dann in drei Jahren die nächste Erhöhung möglich sei, sei die Verordnung schon wieder ausgelaufen, rechnete Ude am Donnerstag in der Münchner SPD-Zentrale vor.

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München wird immer größer, um 115.000 Bewohner allein in den vergangenen zehn Jahren. Aber es ziehen auch viele weg: vor allem junge Familien, die die hohen Mieten nicht bezahlen können.

Das sei "so kümmerlich, dass man es kaum fassen kann", sagte Ude. "Dass man derart dreist die Mieter auf den Arm nimmt, das überrascht selbst mich noch", sagte der frühere Mieteranwalt. Das betreffe nicht nur die Landeshauptstadt, sondern auch zahlreiche andere bayerische Städte.

Merk konterte, solche Befristungen seien üblich. Das Verfahren solle gerade dazu dienen, schnell eine Schutzregelung zu schaffen und nach deren Auslaufen mit "gegebenenfalls erweiterten" Regelungen nachzulegen. Udes Äußerungen seien "von keiner Sachkenntnis geprägt", sagte die CSU-Politikerin. Auch die FDP attackierte Ude. "Dass sich Herr Ude als langjähriger Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München mit ihren überdurchschnittlich hohen Mieten als Anwalt der Mieter geriert, ist geradezu lächerlich", sagte FDP-Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, zugleich Münchner Abgeordneter. Anders als Merk äußerte er sich auch insgesamt skeptisch über die Neuregelung. "Die Senkung der Kappungsgrenze ist ein schwerer Eingriff in das verfassungsrechtlich gesicherte Eigentumsrecht." Gerade deswegen müsse sie befristet werden.

Am Dissens zwischen CSU und FDP waren bei der Kabinettsabstimmung auch weitergehende Pläne gescheitert. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) musste deutliche Abstriche an seinem Plan hinnehmen, Ude mit einem möglichst umfassenden Mieterschutzkonzept den Wind aus den Segeln zu nehmen. So musste sich die CSU wegen des Widerstands der FDP völlig von dem Plan verabschieden, Umwandlungen von ganzen Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen zu erschweren. Diese Aufteilung gilt als hauptverantwortlich für die Spekulation mit Altbauten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte zuvor noch bekräftigt, dass der Staat künftig Kommunen erlauben wolle, solche Umwandlungen zu untersagen.

Die CSU hatte das eigentlich jahrelang abgelehnt, das Umdenken kam unter anderem auf Druck der Münchner CSU zustande. Doch im jüngsten Beschluss der Staatsregierung tauchte dieser Punkt dann überhaupt nicht mehr auf. Als "kläglich" bezeichnete dies Ude. "Das Versprechen, der Altbauspekulation endlich einen Riegel vorzuschieben, wurde noch im selben Quartal gebrochen, in dem es der verblüfften Öffentlichkeit erstmals präsentiert worden ist. "

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Ude führte noch weitere Punkte auf, von denen wenig übrig geblieben sei: geringere Abwälzung der Modernisierungskosten oder auch die Senkung der Maklerprovision. "Es war alles ausschließlich eine Werbeshow." Die CSU verfahre nach dem Prinzip: "War nur eine Idee von uns." Dafür nannte Ude die angekündigte Aufstockung der staatlichen Wohnungsbauförderung um 50 Millionen Euro einen Schritt in die richtige Richtung und lobte sogar seinen Dauergegner, Finanzminister Markus Söder. "Das kommt nicht oft vor", sagte Ude.

Söder habe mit seiner Forderung nach einer Wiedereinführung der sogenannten degressiven Abschreibung das Richtige vorgeschlagen. Damit könnten Hausbesitzer Steuervorteile auf Investitionen in Immobilien bekommen. Ude bot an, bei Verhandlungen mit anderen Bundesländern mitzuwirken. Wegen der unterschiedlichen politischen Situation in den einzelnen Ländern sei es schwierig, eine Mehrheit für dieses Modell zu schaffen.

© SZ vom 15.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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