Im Katastrophenfall:Mediziner als Corona-Manager

Staatsregierung greift wegen Krise in ärztliche Selbstverwaltung ein

Von Dietrich Mittler

Angesichts der Corona-Pandemie greift die Staatsregierung jetzt massiv in die ärztliche Selbstverwaltung ein. Per Bekanntmachung verfügten das Innenministerium und das Gesundheitsministerium, dass in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt aus den Reihen der praktizierenden Ärzte ein "Versorgungsarzt" einzusetzen ist - ernannt vom Landrat oder Oberbürgermeister, denen er unterstellt ist. In der aktuellen Krise gehört zu seinen Aufgaben die "Einrichtung von Schwerpunktpraxen für die Untersuchung und Behandlung von Covid-19-Patienten und die Rekrutierung des hierfür erforderlichen Personals". Überdies sind die Versorgungsärzte verantwortlich für die Vorbereitung aller Maßnahmen, die der "Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung im Katastrophenfall" dienen.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben - etwa die Organisation von Schutzausrüstung - wird ihm ein Arbeitsstab zugeordnet, der einzig seinen Weisungen untersteht. Auf Anforderung des jeweiligen Versorgungsarztes muss die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) ihn mit "geeignetem Personal" unterstützen. Die KVB, aber auch die Landesärztekammer, sind zur Kooperation "verpflichtet". Gleiches gilt für die Kassenzahnärztliche Vereinigung. Bislang galt es als Grundprinzip des deutschen Gesundheitswesens, dass die Leistungserbringer in eigener Verantwortung die medizinische Versorgung der Bevölkerung übernehmen - gemäß der vom Staat vorgegebenen Rahmenbedingungen. Doch die KVB gibt sich kooperativ: "Es ist jetzt nicht an der Zeit, um über Kompetenzen und grundsätzliche Regularien in unserem Gesundheitssystem zu diskutieren."

Dass Bayerns Landräte und Oberbürgermeister als Leiter der örtlichen Katastrophenschutzbehörden nun auch ein Weisungsrecht hinein in den ärztlichen Bereich erhalten, ist der Sorge vor der "extrem raschen Verbreitung des Coronavirus" geschuldet. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit befürchtet "im finalen Szenario eine Infektionsrate von über 50 Prozent der Bevölkerung". Da seien außergewöhnliche Schritte nötig. In Bayerns 26 Rettungsleitstellen wird laut Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) überdies die Funktion eines "Ärztlichen Leiters" eingeführt. Bei diesen handelt es sich um erfahrene Notärzte. Sie sollen in Zeiten der Corona-Krise die Patientenströme zu den Krankenhäusern steuern.

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