Homosexualität:Eine Homo-Parade für die Wirtschaft

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Der Christopher-Street-Day: ein Zeichen für Offenheit in einer Gesellschaft. (Foto: dpa)

Das oberfränkische Forchheim will mit einem Christopher-Street-Day die Stadt beleben. Aber darf man ein Fest der Toleranz rein aus finanziellem Kalkül veranstalten?

Kolumne von Johann Osel

Ein Vergleich mit der Zeichentrickserie "Die Simpsons" ließ nicht lange auf sich warten. Die neueste Idee aus Forchheim, meinte da ein fränkischer Facebook-Leser, erinnere ihn an Springfield in den USA, den Schauplatz der gelben Fernsehfamilie. In einer Folge bricht der Tourismus in Springfield ein, der Stadt droht die Pleite. Um das Image aufzupeppen und die Kassen zu füllen, kommt man auf den Einfall, gleichgeschlechtliche Ehen zu erlauben und zahlungskräftige schwule und lesbische Gäste anzulocken.

Homer Simpson macht aus seiner Garage eine Kapelle und vermählt gegen Bargeld alle und alles, am Ende gar einen Kapitän mit der Galionsfigur seines Schiffs. Was das mit dem oberfränkischen Forchheim zu tun hat? Man sorgt sich dort um das Leben in der Innenstadt, um die Attraktivität und die Geschäfte im Handel. Und die Werbegemeinschaft der Stadt kam jetzt auf die Idee: Holen wir uns doch einen Christopher-Street-Day, eine Homo-Parade!

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Ein Dutzend Veranstaltungen übers Jahr verteilt sind in einer "Initiative für mehr Attraktivität in der Forchheimer Innenstadt" gelistet, wie der Fränkische Tag berichtet. Die Innenstadt verliere immer mehr an Substanz, der Gastronomie fehlten Gäste, heißt es. Abhilfe schaffen sollen Einkaufsnächte, Automobiltage, ein Imbiss-Festival - und eben ein Christopher-Street-Day im Sommer, womöglich zusammen mit dem zuletzt defizitären Altstadtfest. Liberal-lukrativ.

Dass eine solche Parade Leben und Konsum für einen Tag bringt, ist wohl unbestritten. Man kann sich vorstellen, wie sich mancher Wirt die Hände reibt ("Die Schwulen, die saufen sicher Seidlakrüg' Broseggo"). Dass ein Christopher-Street-Day trotz des Trubels vielerorts ein politisches Ereignis ist, eine Erinnerung an Polizeiwillkür gegen Homosexuelle im New York der Sechzigerjahre, ein Zeichen für Offenheit in einer Gesellschaft, die längst nicht so offen ist, wie sie gerne tut - das kommt im Forchheimer Konzept vor, eher am Rande.

Vielleicht hätte man mal in Nürnberg nachfragen können. "Ein Fest der Toleranz - aus wirtschaftlichem Kalkül heraus? So richtig will mir das nicht gefallen", kommentiert einer im Netz. Aber: Besser als Politik gegen Homosexuelle. Er würde hingehen und "Forchheim beleben".

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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